Quallengefahr: Interview mit einer Meeresbiologin

Da thailändische Experten nichts über Quallen wissen, interviewte die Online-Zeitung Phuketwan die australische Meeresbiologin und Quallenexpertin Dr. Lisa Ann Gershwin, die mit dem Meeresbiologischen Institut in Phuket zusammenarbeitet. Ausschnitte:

Treiben Würfelquallen in der Strömung oder können sie sich aus eigener Kraft fortbewegen?

Boxies (Würfelquallen) sind ziemlich selbständig, was Strömungen anbelangt, auch wenn sie es „bevorzugen”, mit der Flut zu kommen. Vermutlich hat das etwas mit dem Vorhandensein von Nahrung zu tun, aber wir wissen es nicht. Boxies können mit einer Geschwindigkeit von vier Knoten schwimmen, das sind Formel-1-Tiere! Auch ihre Augen sind gut entwickelt, sie können nicht nur Bewegungen wahrnehmen, sondern auch Objekte erkennen und Farben unterscheiden. Und das alles ohne Gehirn. Einfach unglaublich!

Wenn sie Schwimmern in die Quere kommen, werden sie eine Berührung vermeiden, wenn sie können. Und bei „wenn sie können” fängt das Problem an. Schwimmer bewegen sich ebenfalls und die Boxies können den Weg schlecht einschätzen, den die Schwimmer nehmen. Die Tentakeln sind sehr lang, daher kann es doch zu Berührungen kommt, die aber unbeabsichtigt sind.

Werden die Würfelquallen ihr Territorium ausweiten? Im Moment scheinen sie auf Phuket nur in einer Bucht zu sein.

Ich vermute, daß sie nicht da sind, nur weil man sie nicht sieht. Ihr Verhaltensweisen sind manchmal sehr merkwürdig. Ich wurde einmal an einen australischen Strand gerufen, weil jemand einen Boxie gesichtet hatte.

Am nächsten Morgen suchten wir eineinhalb Stunden das gesamte Gebiet ab und konnten keine einzige Qualle finden. Als wir gehen wollten sahen wir zufällig eine. Wir blieben und fotografierten sie. Zehn Minuten später hatte sich die Lage völlig geändert. Pro Quadratmeter Wasserfläche zählte wir fünf oder mehr Boxies. Und das auf einem Gebiet, so weit das Auge reichen konnte. Als wären sie aus dem Nichts aufgetaucht. Eine Stunde später waren alle wieder verschwunden.

Ein altes Sprichwort sagt: Das Nichtvorhandensein von Beweisen ist nicht das gleiche wie der Beweis des Nichtvorhandenseins.

Es ist aber ziemlich unwahrscheinlich, daß die Boxies in andere Buchten schwimmen. Höchstens ein paar verirrte Exemplare. Wenn die Boxies nicht schon da sind, werden sie vorläufig nicht in anderen Buchten auftauchen, weil sie sie aus einem bestimmten Grund nicht mögen. Warum, das würde ich gerne herausfinden.

Wie sind die Würfelquallen nach Phuket gekommen?

Es tut mir leid, daß ich diese Hiobsbotschaft überbringen muß, aber sie waren schon immer da. Ich habe natürlich keine Beweise, aber Boxies sind in tropischen Gewässern weit verbreitet. Daher muß angenommen werden, daß sie schon immer da waren.

In North Queensland stellte man sich dieselbe Frage, als vor 60 Jahren eine neue Würfelquallenart entdeckt wurde. Erst vermutete man, sie sei eingeschleppt worden, aber die Aborigines wußten, daß die Quallen schon immer da waren. Sie sprachen natürlich nicht von Quallen oder Seewespen, sondern von bösen Geistern, die das Meer beherrschten. Vielleicht gibt es in Thailand ähnliche Legenden, aus denen man schließen könnte, daß es hier Würfelquallen schon seit langer Zeit gibt.

Aus allen ökologisch anzunehmenden Gründen ist es wahrscheinlich, daß es die Quallen auch in anderen Buchten der Region gibt, die der ähnlich ist, in der man die Tiere gefunden hat. Boxies mögen ruhige, geschützte und sandige Buchten. Am besten gefällt es ihnen am südlichen Ende einer Bucht. Das schließt natürlich nicht aus, daß sie nicht auch in anderen Lebensräumen wie Riffen oder steinigen Buchten auftauchen.