Fünf Jahre nach dem Tsunami

Die Touristen sind längst zurückgekommen in die Gebiete, die der Tsunami vor fünf Jahren verwüstete. Viele hatten damals befürchtet, daß die Gegenden es schwer haben würden, wieder Urlauber anzulocken. Doch in diesen Tagen melden die Reiseveranstalter, daß der Tsunami die Touristen schon lange nicht mehr davon abhalte, nach Thailand, Sri Lanka oder Indonesien zu reisen. So sind Orte wie Khao Lak oder Phuket wieder zu beliebten Urlaubszielen geworden.

Der Alltag ist zurückgekehrt. Die Massengräber, an denen sich an religiösen Feiertagen Tausende Menschen trafen, sind längst keine Pilgerstätten mehr. Der Wiederaufbau ist nach fünf Jahren weitgehend abgeschlossen, die Hotels stehen wieder, die meisten Flutopfer sind aus ihren Notunterkünften in feste Häuser gezogen. Doch viele haben auch Probleme, eine Wohnung zu finden, weil die Mieten, zum Beispiel im indonesischen Banda Aceh, nach dem Tsunami ins Unermeßliche gestiegen sind. An die Katastrophe erinnern aber die vielen kleinen und großen Gedenkstätten, auf die man an vielen Orten stößt.

„Schon seit Jahren“ seien keine Auswirkungen des Tsunamis auf das Reiseverhalten mehr zu beobachten, sagt Andrea Probst von Dertour und Meier’s Weltreisen in Frankfurt, dem Asienreisen-Marktführer. Nur in den wenigsten Fällen gebe es noch Fragen zum Thema Tsunami in den Reisebüros, ergänzt Anja Braun von der TUI. Insbesondere Khao Lak in Thailand, wo 2004 auch viele Deutsche umkamen, habe sich wieder „als beliebtes Ferienziel etabliert“. Ebenso sieht der Reisekonzern Thomas Cook die Lage in dem Ferienort nördlich von Phuket: Khao Lak habe sich wieder „zu einem der wichtigsten Badeziele entwickelt mit einem hervorragenden Hotelprodukt“, erläutert Sprecher Mathias Brandes.

Auch in Sri Lanka können Urlauber mehrere Gedenkstätten besuchen. Eine liegt im Yala Nationalpark im Südosten der Insel, erklärt Sonja Salzinger vom Fremdenverkehrsamt des Landes in München. Zudem seien „sehr vereinzelt“ noch Ruinen von Häusern zu entdecken, die nicht wiederaufgebaut wurden. Viele Strandhotels aber wurden neu errichtet – ebenso wie in Thailand. In der Badedestination Khao Lak etwa sei es „für die meisten Gäste wichtig, ein Hotel in Strandnähe zu haben“, sagt Pinpradab.

Auf die Besucherzahlen hatte der Tsunami zunächst erheblichen Einfluß. In Thailand wichen viele Urlauber damals auf andere Landesteile aus, erläutert das Fremdenverkehrsamt. Sri Lanka erlebte 2005 einen Rückgang der Zahl der deutschen Gäste um gut 20%. Später kamen noch weniger Besucher mit deutschem Paß, vor allem wohl wegen der Bürgerkriegssituation im Lande: Von 2004 bis 2008 halbierte sich die Zahl nahezu auf gut 31.000. Seit dem Ende der Kämpfe im Mai 2009 steigen die Besucherzahlen aber wieder an, heißt es bei Sri Lanka Tourism. Im November kamen 17,5% mehr Deutsche in den Inselstaat als im Vorjahresmonat.

Auch zu den Feiertagen packten viele Bundesbürger wieder die Koffer, um nach Colombo oder Phuket zu fliegen. Die Zahl der Buchungen für Sri Lanka liege über Weihnachten und Silvester leicht über der von 2008, in Thailand sei sie auf Vorjahresniveau, sagt Anja Braun von der TUI. Auch bei Thomas Cook heißt es, beide Länder seien „gut gebucht“.

Dertour und Meier’s Weltreisen kommen in Thailand und Sri Lanka bisher allerdings nicht auf die Gästezahlen vom Jahresende 2008. Das habe jedoch mit der Wirtschaftskrise zu tun, sagt Andrea Probst – der Tsunami spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle mehr.

Ob Touristen und Bewohner besser vor einem neuen Erdbeben geschützt sind, ist unsicher. Unter Beteiligung deutscher Forscher ist in Indonesien ein aufwendiges Warnsystem entstanden, das bei Tsunami-Gefahr Alarm schlägt. Doch das größte Problem bleibt die rechtzeitige Evakuierung der Bevölkerung. Zudem stehlen Diebe häufig die Kabel der Tsunami-Warntürme. Kupfer ist ein begehrter Rohstoff. In Phuket fand erst im September mit viel Mediengetöse eine Tsunami-Übung statt. Der anwesende Minister sprach von einem Erfolg. Dabei war das Warnsystem zwölf Monate außer Betrieb gewesen, weil die Batterie für die Boje leer war und sich die Behörden nicht einigen konnten, wer für die Boje verantwortlich war.

388 Tsunami-Opfer nach wie vor nicht identifiziert

Fast 400 Leichen liegen seit fünf Jahren in Phangnga, die Toten konnten nicht identifiziert werden – und das wird wohl auch nicht mehr geschehen.

Nach der Flutwelle wurden Identifikationszentren geschaffen, diese Aufgabe wurde dann der Thai Tsunami Victim Identification Unit (TTVI) unter Oberaufsicht der Royal Thai Police übertragen. 388 Leichen konnten nicht identifiziert werden, in diesem Jahr keine einzige. Einigen Offizieren wird vorgeworfen, ausländische Spendengelder in die eigene Tasche gesteckt zu haben anstatt diese für die Identifizierung der Toten auszugeben. Eine Untersuchung wurde eingeleitet, aber Thai Style gab es keine weiteren Schritte…

Der Skandal gipfelte darin, daß die über 20 Mitarbeiter des TTVI nicht mehr bezahlt wurden, sie kündigten, während sie gleichzeitig bei Arbeitsgericht ihre Gehälter einklagten.

Am 26. Dezember 2004 starben in Thailand nach offiziellen Angaben 5395 Menschen, knapp 8500 wurden verletzt, fast 3000 gelten als vermißt. In 13 asiatischen und afrikanischen Ländern waren insgesamt 226.000 Todesopfer zu beklagen. Welt, Rheinische Post, bp, Reuters