Fünf Tote, aber keine Mönche: Dutzendweise Falschmeldungen zum Massaker in Pattani

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pp/steer (Eig. Ber.) Bangkok/Pattani. Dabei war sowohl im Polizeibericht als auch in der Thai-Presse wie zum Beispiel in Thai Rath und Daily News korrekt von Thais buddhistischen Glaubens zu lesen, die von ihren andersgläubigen Landsleuten massakriert wurden. Lediglich eine englischsprachige Quelle, die indes für oft fehlende eigene Nachrichtenrecherche bekannt ist (und deren Namen wir deshalb schamhaft verschweigen), hatte das Märchen von fünf getöteten Mönchen im Programm.

Dummerweise schreibt allerdings fast die komplette Gilde journalistischer "Korrespondenten" in Thailand in aller Regel mehr oder weniger aus einer Quelle ab, da so gut wie kein westlicher Journalist in Thailand einen  zusammenhängenden Thai-Satz entziffern kann. Nachgeprüft wird deshalb selten. Und daheim am Redaktionstisch erst recht nicht, auch wenn die Meldung noch so hanebüchen ist.

So macht etwa die angesehene Neue Zürcher Zeitung noch zur Zeit der Zusammenstellung dieses Artikels, also nahezu zwei volle Tage nach dem Ereignis, allen Ernstes mit folgender Schlagzeile auf:

Fünf buddhistische Mönche in Thailand ermordet

(sda/dpa) Fünf buddhistische Mönche sind am Donnerstag im Süden Thailands offenbar von muslimischen Separatisten erschossen worden. Die Mönche hätte in einem Strassenrestaurant (!) in der Provinz Pattani gefrühstückt, als mehrere Männer sie beschossen hätten, teilte der stellvertretende Gouverneur von Pattani mit. […]

Genauso titelte fast die gesamte deutschsprachige Medienwelt, von ORF bis zum angeblich doch immer so genau recherchierenden Greenpeace-Magazin

Man muß sich diesen Unsinn einmal bildlich vorstellen: Da braut sich ein sogenannter Thailand-Korrespondent, also ja wohl ein Landeskenner (oder ist er das etwa nicht?) einer hochbezahlten Presseagentur aus einer früheren Bildungsbürgernation mit ein paar Klicks von seinem tiefgekühlten Schreibtisch aus im Internet zusammen, daß ein paar buddhistische Mönche im Straßenrestaurent gehockt wären und dort beim Frühstücken erschossen wurden. Und wird nicht stutzig dabei. Ja gehts noch? Hat man denn schon mal einen buddhistischen Mönch "beim Frühstück" im Straßenrestaurant gesehen?

Aber Schwamm drüber, es kann jedem mal ein Fehler passieren. Es ist allerdings bezeichnend für die PISA-Kathastrophe auch unseres Pressewesens, daß so ein Unsinn zum Teil tagelang stehenbleibt und scheinbar kaum noch jemandem auffällt. Und das, obwohl die Presseagentur übrigens längst eine Berichtigung nachgeschickt hat…

Hier nochmal genau, wie sich das Ereignis nach den Presseberichten zugetragen hat:

Am gestrigen Donnerstagmorgen befanden sich im genannten Ban Yai in Pattani rund fünfzig Dorfbewohner, darunter Schüler und Beamte, auf der Dorfstraße. Plötzlich tauchte in dem Dorf ein weißer Kleinlaster mit sechs bewaffneten Männern auf.
Zwei davon stiegen sofort aus dem Fahrzeug und eröffneten wahllos das Feuer auf die Menschen auf der Straße. Während die Dorfbewohner um ihr Leben liefen, feuerten andere Männer mit Waffen aus dem Fahrzeug heraus. Dabei wurden drei Menschen getötet und vier weitere schwer verwundet.
So schnell wie sie gekommen waren, verschwanden die Mörder wieder. Auf ihrer Flucht fuhren sie noch bei der Bezirksverwaltung vorbei und eröffneten dort wiederum wahllos das Feuer auf zufällig anwesende Menschen. Dabei fanden zwei weitere Thais den Tod. Mehrere Verletzte wurden ins Pattani Krankenhaus geschafft.

Leider gibt es derzeit auch sonst nicht freundliches aus Pattani zu berichten:

Im Bezirk Yarang wurde ein 49 jähriger Thai buddhistischen Glaubens auf dem nach Hause Weg von einem Unbekannten überfallen und getötet, wobei ihm die Kehle durchschnitten wurde.

Bereits am Mittwoch Abend wurden sieben Telefonzellen in Brand gesetzt und an drei weiteren Stellen wurden Autoreifen angezündet.

Alle europäischen Botschaften warnen ihre Bürger vor dem Besuch der thailändischen Unruheprovinzen im Süden, wobei Pattani, Yala und Narathiwat als Zentrum des Aufstandes gelten. Nicht vergessen sollte man aber, daß auch ein Großteil der Bevölkerung der Urlaubsinsel Phuket Mohammedaner sind.

Geschichtlicher Rückblick:

Pattani war einst ein zeitweise unabhängies Sultanat, das für den deutschsprachigen Raum von frühen Besuchern auch als "Königreich Patana" oder "Betanien" beschrieben wurde. Nachdem es die Thais als Vasallenstaat unterjocht hatten, wurden seine Bewohner von Thai-Herrschern jahrhundertelang als Quelle billiger Arbeits- und Kriegsklaven angesehen. Entsprechend hoch ist die gegenseitige "Zuneigung" der beiden Völker, wobei die Thais in der Vergangenheit meist am längeren Hebel saßen und seit dem 19. Jahrhundert gezielt buddhistische Familien in dem früher rein moslemischen Gebiet anzusiedeln suchten, die dann meist die Beamten- und Lehrerschaft stellten, was wiederum für neues böses Blut sorgte. In Thailand gilt es als "Strafversetzung", wenn ein Beamter, Polizist oder Soldat in den Süden muß, wo sich die oft unerfahrenen Leute dann von heute auf morgen als Spielbälle in einem erbitterten Guerillakampf wiederfinden.
Anfang des 17. Jahrhunderts entrichtete die damalige "Königin von Betanien" keine Tribute an den Herrscher von Ayutthaya, weswegen dieser Ende 1624 eine Strafexpedition in den Süden schickte. Dieses Korps wurde darauf von einem Heer von 3000 Bethaniern geschlagen, die von sechs Dutzend Europäern, vor allem Holländern und Portugiesen, darunter der österreichische Weltreisende und Abenteurer Christoph Carl Fernberger unterstützt wurde. Der siamesische Heerführer wurde am 3. Februar 1625 gefangengenommen. Am 13. Februar kam es wieder zu einem "Friedensschluß" zwischen den beiden "Königreichen".