Tierschützer berichten über eine Kastrationsaktion auf Ko Chang

Christine Losso Ko Chang. Das Ärzteteam, bestehend aus fünf Tierärzten und weiteren Helfern war aus Chon Buri angereist, um mit Unterstützung der Regierung diese Aktion durchzuführen, die einen wahren Segen für die zahlreichen Straßenhunde in Koh Chang, ja in ganz Thailand bedeutet.

"Das ist die erste Aktion dieser Art auf der zweitgrößten Insel Thailands" so Tina, die seit Jahren auf Koh Chang lebt und sich auf rührende Weise um die zahlreichen Streuner auf der Insel kümmert. Es sei sehr wichtig, die Überpopulation einzudämmen, um den Tieren in Zukunft die Chance für ein besseres Leben zugeben. Der enorme Zuwachs von Hunden auf der Insel hat mittlerweile groteske Ausmaße angenommen. Und er schadet Mensch und Tier gleichermaßen. Wer sich einmal vor Augen hält, wie verzweifelt Straßenhunde täglich ums Überleben kämpfen müssen, wie krank sie oft sind, wie armselig sie ihr Dasein  fristen müssen, weiß wie wichtig solche Aktionen sind.

Und auch für die Menschen sind Maßnahmen wichtig, da die unkontrollierte Vermehrung der Straßenhunde mitunter auch gefährlich werden kann. Die Hunde liegen auf den Straßen, rotten sich zu Rudeln zusammen und werden mitunter sogar aggressiv, wenn es um Revierverteidigungen geht und dergleichen.

Tina, die ihre Organisation "Happy Dogs Koh Chang" nennt, und sich ausschließlich aus Spenden finanziert, weiß wovon sie spricht. Seit Jahren schon fährt sie frühmorgens bis spät in den Abend hinein alle Plätze ab, wo sie ihre Streuner vermutet, füttert sie und versorgt sie wenn nötig mit Medikamenten. Auch tierärztliche Hilfe kann Tina ihnen durch Tookta, der einzigen Tierärztin auf Koh Chang, zukommen lassen, sofern es gelingt, das Vertrauen des Tieres zu gewinnen und es einzufangen. So hat sich im Laufe der Zeit eine empathische Entwicklung zwischen Tina und den Streunern angebahnt, die unbedingt nötig war, um nun eine solche Aktion, wie diese Massensterilisation, überhaupt durchführen zu können.

Das Tierärzteteam war am 9. und 10. Mai 2015 nach langwierigen Vorbereitungen aller beteiligten Organisationen und dank der Spenden aus der Schweiz und von überall, auf die Insel gekommen und sterilisierte hier quasi am Fließband. Tina und Heike und zahlreiche Helfer mussten dafür sorgen, dass die Tiere eingefangen wurden, damit den Ärzten die sprichwörtliche Arbeit nicht ausging. Die Aktion ging dann vorbildhaft über die Bühne. Immer wieder fuhren Heike, die durch ihre "Hundehilfe Thailand" bereits jahrelange Erfahrung sammeln konnte, und Tina mit ihren Helfern hinaus in den Dschungel, um an den einschlägigen Orten die Hunde zu betäuben und einzusammeln. "Wenn wir sehr scheue Tiere vorfinden, betäuben wir sie bis auf eine Entfernung von 15 Metern mit dem Blasrohr, andere fangen wir mit den Schlingen oder den Netzen ein", erklärt Heike.

Eine Wahnsinnsaktion. Hunde sind intelligente Wesen und spüren genau, dass Gefahr droht. So geschah es auch, dass ein Hund zwar "abgeschossen" wurde, doch aber dann in den Dschungel entkommen konnte. Ihm war nichts geschehen, nach einer gewissen Zeit wachen die Tiere wieder auf und wissen gar nicht recht, was mit ihnen passiert war. Natürlich müssen die Tierschützer auch immer darauf bedacht sein, den Hund so schonend wie nur möglich zu behandeln, denn die Prozedur bedeutet nicht nur Stress für die Helfer, sondern auch für die Tiere.

So waren also viele helfende Hände notwendig, um letztendlich immer wieder neue Tiere aus den verschiedenen Verstecken hervorzulocken. Am Ende wurden sie in die vorbereiteten Boxen verfrachtet und den ReiheTierärzten gebracht. Die ersten kamen in White Sand an die Reihe, die nächsten in Klong Prao, und tags darauf ging es im Tempel in Bang Bao und später am anderen Ende der Insel, in Salak Pet weiter mit der Fließbandarbeit. Untergebracht war das Team in unserem "Boonya Resort" in Klong Prao, auch darum, weil wir selber große Tierfreunde sind und ebenfalls zwei Straßenhunde aufgenommen haben, wovon Mimi bereits auf eigene Faust sterilisiert worden und Brownie und selbst Panda, die Hündin der Sekretärin nun ebenso an die Reihe gekommen waren.

Nach der Prozedur wurden die "Soi dogs" , wie sie hier genannt werden, wieder an ihrem ursprünglichen Platz zurückgebracht. "Das ist sehr wichtig", betont Tina, "da wir die Hunde nicht zusätzlichem Stress aussetzen wollen. Hunde sind sehr soziale Wesen und leben meist in Gemeinschaften, in denen sie ihren festen Platz in der Rangordnung haben. Hunde suchen aber auch immer wieder die Gesellschaft des Menschen und sind überglücklich, wenn sie aufgenommen werden und bei ihrem Mensch bleiben dürfen. Das ist in Asien leider oft nicht der Fall. Aktionen wie diese Massensterilisation soll die explosionsartige Vermehrung der Straßenhunde eindämmen und dafür sorgen, dass weiteres Leid geschieht.

Am ersten Tag konnten auf Koh Chang 47 Hunde und sieben Katzen sterilisiert werden und am zweiten Tag weitere 38 und acht Katzen. In der Regel schaffen wir mehr", betont Heike, doch der starke Regen am ersten Morgen hatte das Team um rund vier Stunden zurückgeworfen. Nichtsdestotrotz ist diese Aktion ein großartiger Erfolg für alle Beteiligten. Dass es überhaupt erst so weit kommen konnte, ist in erster Linie der unermüdlichen Mission von Tina zu verdanken, die ihre zahlreichen Helfer um sich geschart hatte und rund um die Tierärztin Tookta und den unzähligen Freiwilligen, die den Gedanken aktiven Tierschutzes nun in die Welt hinaustragen.

Die Tierärzte indes hatten während ihren Operationen mit allerhand Kuriositäten zu tun. Der wohl speziellste Fall war eine Hündin mit einem 3,5 Kg schwerem Tumor im Bauch, der bei genauerem Hinsehen auch noch zwei abgestorbene Hundewelpen versteckt hielt. "Das rührt daher", sagt Tina, "dass die Frau, die den Hund gefüttert und auf ihn geschaut hatte, auf die Idee kam, ihm die Antibabypille für Menschen zu verabreichen." Eine fatale Entscheidung. Die Antibabypille ist also absolut nichts für Hundedamen.

Durchaus bemerkenswert aber war auch, dass sich nun langsam langsam auch in Thailand eine andere Gesinnung gegenüber Tieren einstellt. Gar einige Thais machen sich nun Gedanken über eine Tierhaltung und lieben ihre Tiere auch. Sie wollen, dass es dem Tier gut geht, dass es gesund ist und dass es sich nicht unkontrolliert vermehrt. So kamen zahlreiche Tierhalter selber mit ihren Hunden vorbei, um sie sterilisieren oder kastrieren zu lassen.

Vor und nach der Prozedur beruhigten und streichelten sie ihre Hunde und Katzen, um ihnen den Stress der Operation zu erleichtern. Die Tierhelfer indes versuchten ihrerseits ihr Bestes und liebkosten die Straßenhunde, die kaum sonst einer liebkost und streichelt. Und wenngleich sie auch im tiefsten Koma lagen, weil sie entweder auf ihre OP warteten oder sich in der Aufwachphase befanden, hatte es den Anschein, als ob die Tiere diese Zärtlichkeiten genießen würden. Gut möglich, dass Streicheleinheiten auch tief in das Unterbewusstsein vordringen. Auf diese oder andere Art und Weise versuchte jeder sein Bestes, um das unendliche Tierleid auch auf Koh Chang etwas einzudämmen.

Alle Fotos: Heike Thermann – Christine Losso

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