Die Polizei soll Verdächtige nicht mehr auf Pressekonferenzen vorführen

Die Polizei soll Verdächtige nicht mehr auf Pressekonferenzen vorführen

Bangkok. In Thailand ist es nichts ungewöhnliches, das Verdächtige während einer Pressekonferenz den Medien und einem Sperrfeuer der Kameras und der digitalen Aufnahmegeräte vorgeführt werden.

Die Praxis ist in Thailand so weit verbreitet, dass bereits viele Leute vergessen haben, dass ein Verdächtigter eben nur ein Verdächtigter und noch lange nicht für ein Verbrechen schuldig bzw. der tatsächliche Täter sein muss. Dazu kommt, dass eine Enthüllung der Identität eines Verdächtigen eine Menschenrechtsverletzung darstellt.

„Bitte hören sie mit dieser Praxis und der Vorführung von Verdächtigen auf. Es verletzt eindeutig die Rechte der Verdächtigen“, sagte die Nationale Menschenrechtskommissarin Angkhana Neelaphaijit.

Sie sagte weiter, dass sich diese Praxis besonders empfindlich in Menschenhandelsfällen darstellt, da hier die ebenfalls angeblichen Opfer hinter verschlossenen Türen durch ein multidisziplinäres Team befragt werden.

Es ist sehr besorgniserregend, dass in hochkarätigen Menschenhandelsfällen ältere Polizisten Verdächtige und Opfer zur Pressekonferenzen bringen und der Öffentlichkeit und den Medien präsentieren“, sagte Frau Angkhana.

Sie sagte, dass ihre Agentur plant, weitere verwandte Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen.

„Vergessen Sie bitte nicht, dass Verdächtige so lange als unschuldig gelten, bis sie sich als schuldig erwiesen haben“, sagte sie.

Der stellvertretende nationale Polizeikommissar war vor kurzem bei Pressekonferenzen neben Verdächtigen in einem viel publizierten Kinderprostitutionsskandal anwesend. Sogar die Mutter eines Mädchens, das angeblich in den Menschenhandel gezwungen wurde, war anwesend. Während sie dort anwesend waren und der Öffentlichkeit präsentiert wurden, mussten die Verdächtigen und andere Personen, die ebenfalls an dem Fall beteiligt waren, die Fragen beantworten, die ihnen von den Reportern vor Ort gestellt wurden.

Der Missbrauch der Angeklagten geht weiter, obwohl der Chef des Premierministers und des Nationalen Rates für Frieden und Ordnung (NCPO) der Polizei bereits vor einiger Zeit befohlen hat, keine weiteren Verdächtigen zu Pressekonferenzen mitzubringen und sie dort vorzuführen.

Bereits im September letzten Jahres hatte Ministerpräsident Prayuth angeordnet, dass die öffentliche Vorstellung von Verdächtigen ab sofort eingestellt werden soll. Allerdings, wie ganz klar in den Medien zu sehen ist, hat sich bisher niemand an diese Anweisung gehalten.

Den Auftrag zum beenden dieser Praxis erteile Prayuth, nachdem er einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen zwischen dem 23. und 29 Juli überprüft hatte. Der Bericht wurde von der Schutzabteilung des Justizministeriums für Rechte und Freiheiten erstellt, sagte Tawatchai Thaikyo, der Stellvertreter des Sekretärs des Ministeriums.

Premierminister Prayuth sagte dazu, dass die Pressemitteilungen der Polizei sich weniger auf die Zurschaustellung der Verdächtigen, sondern mehr auf die Fortschritte der Untersuchungen und deren Ergebnisse konzentrieren sollten, erklärte Herr Tawatchai.

In diesem Sinne wurde das Justizministerium darum gebeten, diese neue Politik an General Prawit Wongsuwon, dem für die Sicherheit zuständigen Vize-Premierminister und dem nationalen Polizeichef Polizeigeneral Chakthip Chaijinda weiterzuleiten.

Premierminister Prayuth begründete sein Vorgehen damit, dass das präsentieren von Verdächtigen mit einer Großaufnahme Menschenrechtsverletzungen zur Folge haben könnte, wenn sich später bei einer Gerichtsverhandlung herausstellt, dass der oder die betroffenen Personen unschuldig waren. Für diese Menschen sei es im Nachhinein kaum noch möglich, wieder Fuß in der Gesellschaft zu fassen.

Darüber hinaus verbietet auch die nationale Polizeibehörde der Polizei, Verdächtige, angebliche Opfer oder Zeugen auf Pressekonferenzen zu präsentieren. Allerdings gibt es auch Ausnahmefälle, in denen ihre Anwesenheit für die Öffentlichkeit als nützlich erachtet wurde und die Aufsichtsbehörden die Erlaubnis dazu erteilt haben.

Unabhängig von all diesen Argumenten und Anordnungen wurden diese Aufträge allerdings bisher in der Praxis weitgehend ignoriert.

Ein weiteres Argument gegen das Zurschaustellung von Verdächtigen, die später nach einem Gerichtsverfahren freigesprochen werden: Diese Menschen haben es hinterher sehr schwierig, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren, weil die Mitglieder der Öffentlichkeit sich an ihre Gesichter erinnern können, aber sie werden nicht wissen, dass sie freigesprochen worden sind, da die Medien kein Freispruchurteil melden.

Selbst Leute, die wegen eines Verbrechens verurteilt und ihrer Strafe abgesessen haben, werden oft wegen der Medienberichterstattung als Kriminelle in Erinnerung behalten. Das macht es ihnen ebenfalls sehr schwer, wieder in die Gesellschaft zurückzukehren.

Viele Reporter begrüßen Pressekonferenzen mit der Präsentation von Verdächtigen, aber die meisten sind sich bewusst, dass sie gegen die Menschenrechte eines Verdächtigen verstoßen. Allerdings machen Pressekonferenzen es den Reportern leichter, auf Informationen zuzugreifen, die benötigt werden, um ihre Arbeit zu erledigen, während einige auch glauben, dass die Ereignisse den Verdächtigen eine Chance geben, der Öffentlichkeit ihre Seite einer Geschichte zu präsentieren.

„In den Fällen, in denen die Verdächtigen wirklich unschuldig sind, wird ihnen der Zugang zu den Reportern eine Chance geben, mit der Öffentlichkeit zu sprechen damit ihre Stimmen und Aussagen ebenfalls zu hören sind“, sagte ein Reporter.

Ein weiteres Argument kommt von einem anderen Reporter der sagte, dass die Präsentation der Gesichter der Verdächtigen für die Öffentlichkeit wirklich nützlich sein könnte. Sie, die Mitglieder der Öffentlichkeit können sich dann besser gegen diese Verdächtigen schützen, betonte er.

Natürlich gibt es auch Reporter, die auf die Einhaltung der Menschenrechte bestehen. Sie unterstützenden Schutz der Menschenrechte der Verdächtigen und haben gesagt, dass es andere Kanäle gibt, um Gerechtigkeit zu den Sündenböcken in Strafsachen zu bringen und die Mitglieder der Öffentlichkeit zu schützen. „Es gibt keine Notwendigkeit, Verdächtige auf Polizei Pressekonferenzen zu präsentieren“, argumentieren sie.

Das sollte das niemals ein Problem sein, da nach wie vor gilt: Jeder ist solange unschuldig, bis er vor ein Gericht gestellt und schuldig gesprochen wurde.

In allen Kriminalitätsberichten geht die Presse auf große Distanz und benutzt die bekannten Wörter „angeblich oder vermutlich „, die aber von der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen werden und sie sofort als schuldig sieht.

Wahrscheinlich sind es die meisten auch, aber wenn auch nur einer unschuldig ist, dann ist das schon einer zu viel!

 

  • Quelle: The Nation, Buriram Times