Die Regierung Thailands plante gewaltsames Vorgehen

Der thailändische Premierminister wußte genau, daß die Rothemden sein “Friedensangebot” zurückweisen würden. Es war nur eine List, um die neuen Gewalttätigkeiten zu rechtfertigen.

Die guten alten Tage von Premierminister Abhisit Vejjajiva, einem gerissenen, in Oxford ausgebildeten Politiker, der oft als „Herr Saubermann“ und „Herr Höflich“ angesehen wird, sind vorüber.

Der thailändische Premierminister hat gegen die regierungsfeindliche UDD das blutigste gewaltsame Vorgehen angeordnet, das Thailand in den letzten 50 Jahren erlebt hat. Die Rothemden, wie die UDD landläufig bezeichnet wird, haben sich seit März in einem Bangkoker Geschäftsviertel eingenistet.

Die „Operation Ratchaprasong“, die am 14. Mai begann, hat bisher mindestens 36 Demonstranten das Leben gekostet. Die Regierung bezeichnet die Demonstranten, die mit Steinschleudern, Pflastersteinen und Molotowcocktails gegen Soldaten mit M-16- und Scharfschützen-Gewehren kämpfen, als „Terroristen“. Das gewaltsame Vorgehen hat bislang mehr als 100 Verletzte, darunter auch Journalisten und Touristen, gefordert.

Vor diesem Einsatz gingen politische Beobachter davon aus, daß sich die Lage entspannen und schließlich in einen politischen Kompromiß münden würde. Die Regierung bot an, das Parlament im September aufzulösen und für den 14. November Neuwahlen anzusetzen. Das Angebot schien ideal, vor allem, da ja die Rothemden zuvor immer von der Regierung gefordert hatten, das Parlament binnen 30 Tagen aufzulösen.

Innerhalb gerade mal einer Woche zog jedoch die Regierung dieses Angebot wieder zurück und ging die Sache wesentlich militanter an. Sie verhängte den Ausnahmezustand über Bangkok und 22 Provinzen im Norden und Nordosten, die als Hochburgen der Rothemden bekannt sind, und haben Scharfschützen positioniert, um „die Demonstration ein für alle mal zu beenden“.

Warum hat die thailändische Regierung ihre Position der Kompromißbereitschaft so schnell wieder geändert zu einer viel aggressiveren Vorgehensweise, die der ihres Nachbarn, der burmesischen Militär-Junta, gleicht?

Das Angebot der Regierung war als Zeichen der Stärke gedacht. Es war ein strategischer Schritt im Vorfeld, um ein von langer Hand vorbereitetes Massaker zu rechtfertigen. Die Regierung wußte von Anfang an ganz genau, daß es abgelehnt werden würde. Der angebotene Deal war von einer Art, daß die Führer und Anhänger der Rothemden ihn nie akzeptieren konnten. Und das wußten sie.

Das „Friedensangebot” hätte bedeutet, Neuwahlen im Austausch dafür, daß die Rothemden-Führer sich Anklagen nach dem Gesetz gegen Terrorismus stellen müssen für ihre „Rolle“ in der Militäraktion vom 10. April, bei der 21 Demonstranten und fünf Soldaten starben.

Abhisit und der Stellvertretende Premierminister Suthep Thaugsuban wären dagegen frei und ungestraft davongekommen. Der Vorwurf des Terrorismus ist so schwerwiegend, daß diejenigen, die dergestalt beschuldigt werden, keine Kaution stellen können.

Als Folge richteten die Rothemden weitere Forderungen an die Regierung. Sie erklärten sich nur unter der Bedingung bereit, sich zu stellen und ihre Anhänger nach Hause zu schicken, wenn die Regierungsspitze, insbesondere der Stellvertretende Premierminister, wegen der Ermordung von Demonstranten angeklagt würde.

Dr. Kengkij Kitrianglarp von der Fakultät für Sozialwissenschaften der Kasetsart-Universität sagte: „Die Ermordung von Generalmajor Khattiya Sawasdipol (auch als Seh Daeng bekannt) ist das letzte Mosaikstück für ein umfassendes, gewaltsames Vorgehen, denn es herrscht die weitverbreitete Ansicht, daß in den Augen der Regierung ein gewaltsames Vorgehen einfacher sei ohne Seh Daeng, der als der Sicherheits-Stratege der Rothemden angesehen wird.“

Dies zeigt, daß im tiefsten Inneren die Regierung wußte, daß der Deal nicht weit kommen würde. Es war lediglich eine List, um das geplante, gewaltsame Vorgehen zu rechtfertigen, indem man argumentierte, diese „Terroristen“ würden einen Bürgerkrieg anzetteln wollen, indem sie das Angebot ablehnten. Die Demokratische Partei, die die Mehrheit in der Regierung stellt, weiß, daß sie im Falle von Neuwahlen nur minimale Chancen hat, wieder an die Macht zu kommen.

Die mit den Rothemden verbündete (inzwischen aufgelöste) Volksmacht-Partei hat bei den letzten Wahlen einen erdrutschartigen Sieg errungen. Erst nachdem die Volksmacht-Partei durch eine Gerichtsentscheidung aufgelöst worden war, konnte die vom Militär unterstützte Demokratische Partei an die Macht kommen. Hier endet nun die Geschichte vom doch nicht so gerissenen Saubermann.

Abhisit intrigiert und weiß genau, wohin sein Plan führen wird. Er ist offensichtlich, daß er diesen nun durchziehen wird, ohne sich dabei um die Dutzenden von Toten zu scheren. All das nur, damit er weiter Regierungschef in Thailand bleiben kann. guardian