Gefährdetes Schutzgebiet Bueng Boraphet: Geht der letzte Fischadler den Weg der verschwundenen Weißaugen-Trugschwalbe?

Von Hans Michael Hensel, Bilder von Bruno Horn.

hmh. Nakhon Sawan. Bueng Boraphet ist ein riesiges Sumpfgebiet mit vielen seltenen Tier- und Pflanzenarten in der Provinz Nakhon Sawan. Es befindet sich südlich des Nan an der Einmündung des Ping. 1930 wurde es künstlich geflutet, um die Fischproduktion zu steigern.

Die Absicht, mehr aus dem bis dahin weitgehend „unproduktiven“ Gebiet herauszuholen, gelang: Nirgends in Thailand werden heute mehr Süßwasserfische in Aquakultur produziert als in Bueng Boraphet. Das größte Süßwasserreservoir Zentralthailands erstreckt sich über 224 Quadratkilometer.

Bueng Boraphet
Bueng Boraphet

Der künstlich geschaffene See blieb dabei trotz der zahlreichen Eingriffe bis heute das Zentrum einer Naturlandschaft, die immer mehr Besucher anlockt, besonders zwischen Dezember und März, wenn sich hier nicht nur heimische Vögel zur Brut und Aufzucht niederlassen, sondern auch zahlreiche Zugvögel aus dem Norden.

Da mit reiner, „unentwickelter“ Natur nicht viel zu verdienen ist, gibt es dort touristische Einrichtungen wie etwa ein Museum und Aquarium mit einem 24 Meter langen Unterwassertunnel, Dutzenden von Aquarien und einem „3D Showroom“. Der Eintritt kostet 49 Baht.

Auch eine Art Krokodilfarm ist vorhanden und auf ihrer offiziellen Internetseite kündigen die zukunftsgewandten Lokalpolitiker von Nakhon Sawan an, daß Bueng Boraphet künftig noch erheblich mehr Besucher anlocken soll und dazu entsprechend „entwickelt“ wird, was immer das bedeuten wird.

Daß es sich bei Bueng Boraphet um ein ökologisch höchst wertvolles Gebiet handelt, wurde erst sehr spät und nur von wenigen Menschen registriert, obwohl 1975 ein 106 Quadratkilometer großes Gebiet als Schutzgebiet ausgewiesen wurde.

In Bueng Boraphet befindet sich die weltweit einzige Stelle, an der jemals nachweislich die Weißaugen-Trugschwalbe („White-eyed River Martin“, Pseudochelidon sirintarae) gesichtet und leider auch gefangen worden ist. 1968 wurde sie für die Wissenschaft entdeckt und nach Prinzession Sirinthon benannt, aber seit 1978 nicht mehr gesehen. Vogeljäger und Umwelteinflüsse rotteten sie offenbar in wenigen Jahren aus. Auf Thai hieß sie ursprünglich Nok Ta Phong (nok = Vogel, ta = Auge, phong = weit), nach Ihrer Entdeckung นกเจ้าฟ้าหญิงสิรินธร, (nóg dschâofá jǐng sì¿ rin tO:n): Nok Chaofa Ying Sirinthon („Prinzessin-Sirinthon-Vogel“); frei, aber sachlich genauer übersetzt, Sirinthon-Trugschwalbe.

Leider ist dieses Aussterben einer Art in Bueng Boraphet aufgrund der Eingriffe des Menschen kein Einzelfall. Selbst bei ganz „normalen“ Vögeln der Region sind in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche Rückgänge verzeichnet worden. Rauchschwalben etwa mußten ihre Lebensweise komplett verändern, um zu überleben. Inzwischen nisten sie, wie Untersuchungen von Vogelkundlern ergaben, in Zuckerrohrplantagen, um den zahlreichen eigentlich illegalen Fallenstellern zu entgehen, denen ein Großteil der Bevölkerung und der Ordnungsmacht gleichgültig gegenübersteht.

Die Beziehungen zwischen Naturschützern, Landnutzern und illegalen Vogelfängern sind in Bung Boraphet nicht immer unproblematisch. 1987 wurde ein Ranger getötet beim Versuch, Wilderer festzunehmen. Auch wurden von illegalen Landnutzern schon riesige Röhrichtgebiete einfach abgebrannt, ohne etwa auf Brutzeiten Rücksicht zu nehmen.

Derzeit scheint wieder einmal eine Art dabei zu sein, aus Bueng Boraphet für immer zu verschwinden: TIP-Photograph Bruno Horn mußte sich bei seinem Besuch von seinem Führer sagen lassen, daß der von ihm abgelichtete Fischadler (Pandion haliaetus) der letzte seiner Art in der Gegend ist. Bis vor drei Jahren wäre da noch ein Paar gewesen, aber seither sei leider nur noch ein Partner übrig. Was mit dem anderen Teil des Pärchens passiert sei, wisse er nicht.