Wer oder was ist eigentlich die wirkliche “ Mafia “ an Thailands Flughäfen?

Von Hans Michael Hensel

Die wenigsten Ausländer wissen, wovon sie eigentlich reden, wenn sie von einer “ Mafia “ in Thailand sprechen. Ein Beispiel dafür ist die derzeitige Aufregung um das angebliche „Aufräumen“ in Phuket durch eigens eingeflogene Polizeibeamte aus Bangkok. Was tun die eigentlich?

Bangkok. Sie verhaften auch mal ein paar illegale Holzfäller, wie wir soeben lesen. Immerhin. Aber man fragt sich als Kenner der unfreundlich gewordenen Insel, wo es im rücksichtslos abgeholzten Phuket eigentlich noch einen echten „Wald“ mit wirklich wertvollem Baumbestand geben soll, der nicht ohnehin zum „Nationalpark“ erklärt worden ist, und für dessen Schutz deshalb eigentlich andere und auch nicht gerade schlecht bezahlte Beamte zuständig sind.

Was machen die denn eigentlich?

Na gut, das ist für alle, die Thailand nicht nur aus dem Urlaub kennen oder aus tiefgekühlten Büros in Bangkoker Zentralen der Nichtregierungsorganisationen auf das wirkliche heiße Leben herabschauen, eine ausgesprochen dumme Frage… (Mehr zum Thema Nichtregierungsorganisationen übrigens hier: Von gutwilligen Helfern und von Maden im Speck)

Derweil stecken sich bis auf die Knochen korrupte Beamte auf höchster Militär-, Polizei- und Regierungsebene seit Jahrzehnten Milliarden Baht in die eigene Tasche, zum Beispiel durch das Verschieben von undeklariertem Holz aus den Wäldern seiner Majestät, des über alles geliebten und hochgehaltenen Königs, vor dem sich dieselben Leute, die die nationalen Rohstoffe plündern lassen, um sich das Geld in die eigene Tasche zu schieben, aus höchstem Respekt selbstverständlich nur auf Knien rutschend bewegen.

Am Flughafen in Phuket haben sie jetzt auf einen Schlag 23 „illegale“ Taxifahrer verhaftet. Das Jubeln, gerade bei Ausländern, über diesen angeblichen Schlag gegen eine angebliche „Mafia“ liest sich, wenn man es sich bildhaft vorstellt, geradezu ohrenbetäubend.

Was sind eigentlich „illegale“ Taxen an thailändischen Flughäfen?

Ich kenne mich in Phuket nicht (mehr) besonders gut aus, weil ich schon seit mindestens 15 Jahren keine Lust mehr habe, mich in diesem Schlepper- und Schlitzohrennest auch nur eine Stunde länger als unbedingt nötig zu bewegen. In Bangkok jedenfalls waren und sind zum Beispiel die normalen, preisgünstigen öffentlichen Taxen am Flughafen „illegal“.

Genau diejenigen, die uns gerne unbürokratisch und schnell direkt vor der Abflugs- oder Ankunftshalle aufnehmen und zum ganz normalen, mehr als fairen Taxameterpreis in die Stadt fahren würden, dürfen in Bangkok ihre Kunden nicht einmal direkt vor das Abflugsterminal fahren. Ihre Kunden müssen mit schwerem Gepäck erst noch mindestens eine sechsspurige Straße überqueren, während jeder Kleinlaster mit Kleinfamilie direkt vor dem Eingang stoppt – genau umgekehrt, wie es schon aus Sicherheitsgründen überall sonst auf der Welt ist.

Ehrlichen Leuten macht man an Thailands Flughäfen seit Jahrzehnten mit allen Mitteln das Leben so schwer und teuer wie irgend möglich und knöpft ihnen noch Extra-Geld ab, wenn sie sich dort doch einmal in eine völlig unattraktive, zum Teil stundenlange Warteschlange stellen dürfen, in der sie, wenn sie Pech haben, am Ende einen Kunden erwischen, der dummerweise statt in die Innenstadt, nur mal schnell für 91 Baht Taxameterpreis in die Ramkhamhaeng Straße, für 99 Baht nach Minburi, für 111 Baht in die Serithai, oder für 129 Baht nach Bangkapi will.

Nur soviel kostet so eine Fahrt nämlich in etwa. Ich lege genau deshalb schon immer und grundsätzlich großen Wert darauf, in Bangkok vom Flughafen direkt von der Abflughalle im vierten Stock aus mit einem „illegalen“ ehrlichen Taxi abzudüsen, falls nicht unser Auto im Parkhaus oder unweit der Endstation der kostenlosen Zubringerbuslinie am Rande des Flughafengeländes wartet.

Ich halte jede Wette, daß auch in Phuket aus Kundensicht sehr oft die sogenannten „illegalen“ Taxen den immer noch vergleichsweise besten Service fürs Geld geboten haben. Die Mitglieder der organisierten und, das aus politisch inkorrekten Gründen mal nebenbei, übrigens rein mohammedanischen Tuktuk-Verbrecher- und Schlägerbande in Patong haben garantiert alle eine offizielle Lizenz für den gemeingefährlichen Betrieb ihrer unsäglichen Hämorrhoidenschaukeln.

Diese unsympathischen Leute räuchert in Phuket unter Garantie keine Spezialeinheit aus Bangkok je aus. Dasselbe würde auch zum Beispiel für Samui gelten. Im Gegenteil. Gewisse „etablierte“ Leute auf diesen Inseln selbstbewußter Piraten, die oft selbst hohe Bestechungsgelder dafür gezahlt haben, um von Polizei und Behörden unbehelligt Touristen und schlecht informierte Landsleute ausnehmen zu können, werden durch das Verschwinden der „illegalen“ Fahrer nun erst recht in ihrem inakzeptablen Gehabe gegenüber ihren Kunden und in ihren grotesken Wucherpreisen bestärkt. Man wird es spätestens dann merken, wenn die Bangkoker Spezialeinheit wieder abgezogen ist und ihre Erfolgsmeldungen aufgelistet hat…

Soweit ich es überblicke, kümmert sich die Polizei-Spezialeinheit im Augenblick eher um diejenigen, die nach Mitternacht statt 1000 Baht eher „nur“ um die 500 Baht aufrufen würden, wenn einer mal schnell um einen Block in Patong fahren will, weil er den Weg nach Hause nicht mehr findet.

Oder auch um die, die vom Flughafen in Phuket aus statt für bis zu 2000 Baht für, sagen wir, „nur“ 800 oder 1000 Baht an einen der vermüllten, hemmungslos zugebauten und hoffnungslos überlaufenen ehemaligen Traumstrände fahren.

Aber warum sind die Preise so hoch? Immerhin handelt es sich um legale Taxis, die sich doch eigentlich nur am Flugplatz anstellen müßten, den nächsten Kunden zum Taxameterpreis oder jedenfalls zu einem genehmigten Tarif mitnehmen und fertig. Und davon eigentlich gut leben könnten. So wie eben in fast allen zivilisierten Ländern an Flughäfen zugeht, oder?

Typischer Fall von Denkste. Thailand ist anders.

Wer hier an einem Flughafen jemanden abtransportieren will, muß erst einmal kräftig zahlen, nämlich sich „einkaufen“. Ein privater Taxiunternehmer ohne Beziehungen hat keine Chance. Wohl aber zum Beispiel die Genossenschaft der finsteren Herren der roten Blechdosen in Patong auf Phuket, die so gerne ihr eingebildetes „Recht“ in die eigene Hand nehmen.

Ich habe schon nach der Eröffnung von Suwannaphum 2006 geschrieben, daß die Struktur und Ausrichtung einer unfähigen und korrupten Führung der staatlichen AoT („Airports of Thailand“) das eigentliche Übel darstellte, das für einen Großteil des damaligen Chaos, der kläglichen Infrastruktur und vor allem für die seltsamen Transportpreise an Thailands Flughäfen verantwortlich ist.

Alleine am Provinzflughafen in Phuket zum Beispiel nimmt dieser Staatsbetrieb schon ganz offziell pro Jahr zig Millionen Baht nur aus dem Taxi- und Limousinen-Service ein. Warum eigentlich? Wäre es nicht besser für alle Seiten, man regelt das wie in Singapur oder Frankfurt: Jeder lizenzierte Frankfurter Taxifahrer stellt sich dort, wenn er will, in die Reihe, nimmt den nächstbesten Kunden mit und fertig…?

Und für den guten Service zahlt eben jeder, der sich einen Flugschein kauft, anteilig und fair seine Flughafengebühr.

Nicht so in Thailand. Hier denkt man anders. Thailands AoT-Flughäfen wollen und sollen unbedingt die Billigheimer in Südostasien sein. Man gönnt den Nachbarn die Kunden nicht und hält die Start-und Landegebühren deshalb künstlich niedrig. Dafür holt man sich mit einem korruptionserhöhenden Riesenaufwand Extra-Kleingeld bei denen, die auf dem Flugplatz Geschäfte machen wollen – oder müssen, wie zum Beispiel Taxifahrer und Zubringer der Reisebüros.

Daß bei so einem System Korruption und nochmals Korruption herauskommt, sollte in Thailand niemanden wundern, der die Berichte über den Bangkoker Flughafen in den vergangenen Jahren verfolgt hat.

Warum wohl hatte ausgerechnet eine unsägliche Firma namens „King Power“ das Zollfrei-Geschäft und einige andere Gelddruckmaschinen am Flughafen Suwannaphum jahrelang exklusiv in der Hand? Warum wohl schikaniert man seit Jahren die ehrlichen Bangkoker Taxifahrer und sogar die registrierten Zubringer der Hotels und internationalen Reisebüros auf alle nur denkbare und immer wieder neue bürokratische Weise in Suwannaphum, seit AoT versucht, Touristen schon in der Ankuftshalle mit einem aus Kundensicht oft komplett überflüssigen „Limousinen“-Service abzufangen.

Gleich nach der Kofferausgabe fragt man scheinheilig: „Taxi, Sir?

Wer dann dummerweise „ja, bitte!“ sagt, sitzt anschließend selbstverständlich nie in einem Taxi, sondern entweder in einer mindestens dreimal so teuren sogenannten „Limousine“ mit grünem Nummernschild oder in einem unlizensierten Transporter, den Kenner am weißen Nummernschild erkennen. Wobei einleuchtet, warum die so teuer sein müssen. Diese Fahrer haben ja, wenn überhaupt, nur eine Flughafen- oder „Hotellizenz“, aber nie eine Taxilizenz und müssen leer dorthin zurückfahren, wo sie hergekommen sind und tagsüber oft stundenlang Däumchen drehen, bis sie wieder mal an der Reihe sind. Die Logik tendiert in gewissen Thai-Kreisen grundsätzlich dazu, Preise zu erhöhen, wenn Kunden ausbleiben.

Aber zurück nach Phuket. Auf 36 Millionen Baht will jetzt die AoT „großzügig“ verzichten, indem sie alle bestehenden Verträge mit Taxen und Limousinen zum 31. August kündigt. Das bot sie jedenfalls an.

Ich habe keine Ahnung, auf welchen Zeitraum sich dieser Betrag bezieht. Das spielt aber keine Rolle. Die Summe alleine zeigt schon, daß es um ein Geschäft geht, an dem sich viele unsympathische Leute zu Lasten der Melkkü… äh, Verzeihung: der Gäste des Landes eine goldene Nase verdienen.

Mit wem genau wurden Transportverträge in dieser Höhe abgeschlossen? Und wenn, sind das wirklich legale Verträge gewesen? Ich bezweifle es.

Warum jetzt plötzlich hoppla-hopp? Einen fairen und legalen Vertrag müßte niemand kündigen – oder handelt es sich vielleicht um eine Art von „Schutzverträgen“, die bei den Beamten aus Bangkok dann doch nicht so besonders gut angekommen wären?

An die sonstigen Gelder, die bei solchen „Einkauf“-Transaktionen in Thailand traditionell noch nebenbei fliesen, wagen wir dabei noch nicht einmal zu denken…