Flüchtlinge als Handelsware

pch Phnom Penh. Der australische Minister für Einwanderung und Grenzschutz, Scott Morrison, feierte mit Champagner den Abschluss eines Abkommens, in dem sich Kambodscha verpflichtet, Flüchtlinge, die in Australien aufgegriffen werden, in Kambodscha, einem der ärmsten Länder Asiens, aufzunehmen. Dies gab heute das australische Außenministerium bekannt.

Der Deal mit Kambodscha, gegen Bezahlung von 35 Millionen australischen Dollars, (knapp 24 Millionen Euro) Flüchtlinge aufzunehmen, wird zu Recht von Rechtsgruppen, den kambodschanischen und australischen Oppositionsparteien und der kambodschanischen Öffentlichkeit kritisiert.

Scott Morrison und der kambodschanische Innenminister Sar Kheng gaben Reporten gegenüber keine Auskünfte über das „Geschäft“ mit den Flüchtlingen. Es wurde lediglich bestätigt, dass Studien durchgeführt werden, bevor über die endgültige Anzahl der Flüchtlinge, die „umgesiedelt“ werden, entschieden wird.

Morrison machte im April einen 24-Stunden-Besuch in Phnom Penh, bei dem er sich mit Sar Kheng zu Gesprächen traf. Der Besuch kam zustande, nachdem die australische Außenministerin Julie Bishop bereits im Februar diesen Vorschlag zum ersten Mal ins Spiel gebracht hatte. Der „Kuhhandel“ wurde von beiden Regierungen unter dem Siegel der Verschwiegenheit behandelt.

Die Phnom Penh-Post berichtete im August, dass hochrangige australische Bürokraten Immobilien in Phnom Penh und Preah Sihanouk inspizierten, um mögliche Plätze für die Umsiedlungen zu finden.

Koy Kuong, ein Sprecher des kambodschanischen Innenministeriums sagte gestern gegenüber der Phnom Penh-Post, dass er in Bezug auf die Anzahl der potentiellen Flüchtlinge, welche nach der Vereinbarung aufgenommen werden, keine Informationen habe.

General Sok Phal, Generaldirektor der Einwanderungsbehörde, zerstreute schon vor zwei Wochen Bedenken wegen den aufzunehmenden Flüchtlingen. Man will diese erfolgreich in die Gesellschaft Kambodschas integrieren. „Es gibt keine Notwendigkeit, dass die Flüchtlinge in Gruppen leben müssen. Am Anfang werden sie eine Weile zusammenzubleiben, doch danach werden wir sie trennen“, sagte er.

Der Sprecher des Innenministeriums, Khieu Sopheak sagte gegenüber der Phnom Penh-Post, dass seine Regierung bald ein Team nach Nauru schicken werde, um Flüchtlinge, die bereit sind, sich im Rahmen der freiwilligen Umsiedlung daran zu beteiligen, zu finden.

„Wir werden mit ihnen über Kambodscha reden. Über das Land, die Kultur und dann können sie entscheiden, ob sie kommen wollen oder nicht. Wenn sie kommen wollen, können sie die freiwillige Vereinbarung unterzeichnen“, sagte er.

Sopheak fügte noch hinzu, dass Kambodscha am Anfang so wenige Flüchtlinge wie möglich aufnehmen will. Er sagte, dass nach dem Pilotversuch Kambodscha wahrscheinlich weniger Flüchtlinge als erwartet aufnehmen wird. „Es werden maximal 100 Flüchtlinge sein und nicht mehrere 1000, wie die Leute gesagt haben“, sagte Herr Sopheak.

Minister Morrison dagegen sagte, dass es kein Limit bei der Anzahl von Flüchtlingen gebe. Es gibt derzeit mehr als 1.000 festgenommene Asyl suchende Menschen auf Nauru und einige von ihnen sind als Flüchtlinge anerkannt worden. Ihm schwebt vor, dass in Zukunft auch Flüchtlinge, die in Papua-Neuguinea festgenommen werden, die derzeit in australischen Haftzentren sitzen, in Kambodscha untergebracht werden können.

Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, António Guterres, sagte an der gestrigen Pressekonferenz, dass er tief besorgt über die Vereinbarung sei, da dies ein Präzedenzfall markiere. „Das Teilen der internationalen Verantwortung ist die Grundlage, auf dem das gesamte globale Flüchtlingssystem funktioniert. Ich hoffe, dass die australische Regierung ihr Vorgehen neu überdenkt“, sagte António Guterres in einer Erklärung.

„Flüchtlinge sind Personen, die vor Verfolgung fliehen oder den lebensbedrohlichen Auswirkungen bewaffneter Konflikte. Sie sollten besser behandelt werden als von einem Land zum nächsten transportiert zu werden“, fügte er hinzu.

Während gesagt wird, die Umsiedlung wäre freiwillig, sagte Senatorin Sarah Hanson-Young von den australischen Grünen, dass in der Realität nichts freiwillig sei an diesem Angebot, angesichts der schwierigen Entscheidung für Flüchtlinge, in Nauru oder in Kambodscha zu leben. „Es ist wie, wenn ein Tyrann auf dem Schulhof fragt, willst du einen Schlag ins Gesicht oder ein Tritt in die Eingeweide“, sagte sie.

Ein veröffentlichter Beitrag des Kommentators Ou Virak auf seiner Facebook-Seite sagt aus, „Australien wird Menschenrechtsverletzungen in Kambodscha nun nicht mehr verurteilen, da seine Beziehungen mit der kambodschanischen Regierung jetzt viel zu wichtig sind“. „Die kambodschanische Regierung bekommt nun Legitimität und Geld. Und Australien entlastet sich elegant von seinen Problemen und verhindert damit vielleicht sogar, dass noch mehr Asyl suchende Menschen kommen. Dies ist ein Win-Win-Geschäft für beide, Hun Sen und den australischen Premierminister Tony Abbott“.

Denise Coghlan vom Flüchtlingsdienst der Jesuiten, die fast alle der 80 bereits in Kambodscha anwesenden Asylbewerber und Flüchtlinge betreut, sagte, sie denkt, dass die kambodschanische Regierung sehr clever in den Verhandlungen mit Australien agierte. Sie bekommt nun finanzielle Hilfe ohne Zusage einer genauen Anzahl von Flüchtlingen, die sie aufnehmen wird, abzugeben.

Ich denke, Morrisons Sicht und die Sicht der kambodschanischen Regierung ist in diesem Geschäft sehr weit auseinander. Australien will so viele Flüchtlinge wie möglich loswerden und Kambodscha sagt, werden wir ein paar nehmen, und wir werden dann sehen, wie es weiter geht“, sagte sie.

Phil Robertson, stellvertretender Direktor der Human Rights Watch Abteilung für Asien sagte gestern, der Deal sei „beschämend“. „Es ist wirklich zynisch, denn Kambodscha hat nicht die Politik oder die Ressourcen, um diese Menschen wirklich zu schützen“, sagte er. Das Land hat selbst mehr als genug Probleme und sei nicht in der Lage, dieses sensible Problem zu lösen“.

Er fügte noch hinzu, dass die „nüchterne“ Regierung des australischen Premierministers Tony Abbott zeige, man ist mehr als bereit, die Menschenrechte zu verletzen, wenn es den nationalen Interessen nützt. „Diese neue Dimension von Geschäften mit Flüchtlingen wird in der Region den Schutz von Flüchtlingen ernsthaft gefährden, sagte Robertson. Regierungen mit Geld und Macht sind nun in der Lage zu wählen, ob sie Flüchtlinge wollen oder nicht, eine schreckliche Vorstellung“, sagte er zum Schluss. 

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