Die Waffengewalt ist in Thailand doppelt so hoch wie in den USA

Die Waffengewalt ist in Thailand doppelt so hoch wie in den USA

Bangkok. In Thailands Hauptstadt Bangkok eine Waffe zu kaufen, ist sehr einfach. In der gut 300 Meter langen Burapha Straße nahe dem Königspalast haben sich mehr als 100 Waffenläden etabliert und präsentieren in ihren Schaufenstern alle möglichen Arten von Waffen.

Das Land, das mit seinem „Land-des-Lächelns“-Charme und seiner friedlichen buddhistischen Kultur jedes Jahr Millionen Touristen aus aller Welt anzieht, birgt ein blutiges Geheimnis.

Hier werden jeden Tag fast 14 Menschen erschossen. Das summiert sich pro Jahr auf mehr als 5.000 Menschen, die hier durch Waffengewalt ihr Leben verlieren. Dabei liegt der Pro-Kopf-Anteil etwas mehr als doppelt so hoch wie in den USA.

Statistisch gesehen gibt es hier pro 100.000 Einwohner 7,48 Erschossene. Der Pro-Kopf-Anteil liegt doppelt so hoch wie in den USA. Laut einer Statistik der University of Washington in Seattle sind es in den USA „nur“ 3,55 Personen pro 100.000 Einwohner.

Waffengeschaefte-in-Thailand_03„Im Grunde genommen sind die Thailänder nicht so schiesswütig und vermeiden eher eine Konfrontation“, sagt Sicherheitsexperte Anthony Davis, der seit fast zehn Jahren in Thailand lebt. „Aber es gibt hier derart viele Waffen, dass es sehr schnell brutal wird, wenn einem Thailänder der Geduldsfaden reißt, er sich angegriffen oder in seiner Ehre verletzt fühlt.

Die Experten des Zentrums für Handfeuerwaffen an der Hochschule für Internationale Studien in Genf sammeln weltweit Daten über die Verbreitung von Kleinwaffen. Ihrer Schätzung zufolge gibt es weltweit etwa 650 Millionen Waffen. Davon sollen alleine in Thailand rund zehn Millionen existieren.

Statistisch gesehen haben damit 15 von 100 Einwohnern in Thailand eine Waffe. Im Vergleich mit den USA ist das noch nicht einmal viel. In den USA besitzen dagegen 89 von 100 Einwohnern eine oder mehrere Waffen.

Allerdings beschäftigt die Regierung in Thailand ein weiteres Problem. Nur 3,8 Millionen Waffen im Land sind offiziell registriert. Der Rest ist illegal.

Waffengeschaefte-in-Thailand_02Der Präsident des Waffenhändlerverbandes und Ladenbesitzer auf der Burapha Straße, Herr Thititorn Bupparamanee sagt: „Strikte Gesetze sind schön und gut, aber damit stoppt man keine Schiessereien. Solange sich die Leute, die nichts Gutes im Sinn haben, einfach mit illegalen Waffen versorgen können“, nutzen die Gesetze nicht viel“. Natürlich verkauft er seine Waffen nur an Personen, die eine Lizenz zum Erwerb einer Waffe haben.

„Die wenigsten Todesfälle passieren mit legal gekauften Waffen“, fügt er hinzu. Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigt die Aussage des Ladenbesitzers. „Die allermeisten Schiessereien passierten mit illegalen Waffen. Manchmal kommen diese Waffen bei Überfällen zum Einsatz, bei persönlichen Streitereien oder bei Abrechnungen unter Geschäftsleuten, vor allem im kriminellen Milieu“.

Wie ist es dazu gekommen, das Thailand ein Mekka für illegale Waffen ist? „Thailand gilt als wichtigster Schwarzmarkt für Waffen in Südostasien. Das habe historische Gründe“, berichtet das Zentrum für Handfeuerwaffen in Genf. Die USA und China hätten Thailand in den 70er Jahren als Transitroute für Waffen an die Bürgerkriegsparteien in Kambodscha genutzt.

Später dann, nach dem Ende des Bürgerkriegs wurden viele Waffen von Kambodscha aus via Thailand nach Myanmar geschmuggelt. Das war für viele Agenten, Händler und Logistiker ein lohnendes und lukratives Geschäft. Dabei haben in diesen Netzwerken natürlich sehr viele Kriminelle und Waffenhändler mitgemischt. Aber auch Polizisten und Armeeangehörige hätten sich mit dem Verschieben der Waffen viel Geld in die Taschen gesteckt.

Obwohl Privat viele Thailänder über die Waffenkultur diskutieren, gibt es keine einzige Organisation, die das Thema bisher zu einer öffentlichen Debatte gemacht hat.

Im Gegenteil. Besitzer legaler Waffen wehren sich genau wie in den USA gegen striktere Auflagen: „Wie soll ich meine Familie sonst schützen?», fragt der pensionierte Manager Sopchai Chaiyaphum. «Der Polizei vertraue ich nicht, und das Militär patrouilliert schließlich nicht die Straßen.“

Thailand hat auch die höchste Todesrate durch Waffen in Asien. Die Zahl der Todesfälle ist 50 Prozent höher als auf den Philippinen, die ebenfalls mit 4,64 Todesfällen pro 100.000 Einwohnern über den USA liegen.

Dagegen werden aus Sri Lanka 2,79, aus Kambodscha 1,58 und aus Myanmar 1,10 Todesfälle pro 100.000 Einwohner gemeldet.

Die Universität gibt allerdings zu, dass es sehr schwierig ist, eine wahre Zahl der Todesfälle durch Pistolen auf der ganzen Welt zu bekommen. Wie viele Länder dagegen ihre Todesfälle nicht melden, wurde in dem Bericht nicht genannt.