Thailand sollte sein Prostitutionsverbot überdenken, raten Experten

Thailand sollte sein Prostitutionsverbot überdenken, raten Experten

Bangkok. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Prostitution in Thailand weit verbreitet ist, obwohl es ein generelles Prostitutionsverbot gibt und sie laut dem Gesetz illegal ist. Diese eklatante Kluft zwischen dem Gesetz und der Realität zeigt die Notwendigkeit, die entsprechend Gesetze zu ändern und den Sexhandel zu entkriminalisieren, sagten die Teilnehmer und Experten eines erst kürzlich abgehaltenen Seminars.

„Das von uns verwendete Verbrechensbekämpfungsmodell und das grundsätzliche Prostitutionsverbot in Thailand funktioniert eindeutig nicht“, sagte der Assistenz Professor und Forscher Mataluk Orungrot von der Thammasat Universität in dieser Woche. Es könnte eine Lösung sein, die aktuellen Prostitutionsgesetze zugunsten der Legalisierung zu überdenken und entsprechend zu ändern, sagte er während des Seminars der Jury.

Thailands Ablehnung zur Sexarbeit besteht darin, es unter dem Gesetz von 1996 zur Verhütung und Unterdrückung von Prostitution und unter dem Artikel 286 des Strafgesetzbuchs zu kriminalisieren. Das Gesetz verbietet den Verkauf von Sex, Zuhälterei und das Betreiben einer sogenannten “ Prostitutionseinrichtung „.

Doch die Zahlen zeigen und belegen eindeutig, dass das generelle Prostitutionsverbot so bisher nicht funktioniert hat. Den Schätzungen zufolge liegt die Zahl der thailändischen Prostituierten irgendwo zwischen 800.000 und 2 Millionen, wenn nicht sogar noch weitaus höher. Dazu kommt, dass viele der Mädchen die in dem Gewerbe arbeiten noch unter 18 Jahre alt sind.

Darüber hinaus florieren Prostitutionsbetriebe unter dem Deckmantel eines Massagesalons, Badehäusern, Bierkneipen, Karaoke-Bars und Nachtclubs. Das funktioniert in Thailand wunderbar, das sie meistens auch noch von den korrupten Strafverfolgungsbehörden unterstützt werden.

Laut Frau Jomdet Trimek, einer führenden Professorin für Kriminologie an der Universität Rangsit, können die entsprechenden Veranstaltungsorte leicht bis zu 10 Millionen Baht pro Monat verdienen. Das lohnt sich für die Betreiber, da nur ein Bruchteil der Einnahmen dazu verwendet wird, um die lokalen Gesetzeshüter gegen die Schließung zu bestechen.

Die Bestechungsgelder beginnen bei 200.000 Baht pro Monat und können bis zu 400.000 Baht ( 10.000 Baht pro Agentur und illegalem Sexarbeiter ) aus den Nachbarländern betragen, sagte Frau Jomdet. Laut ihren Angaben hat sie Dutzende von Sexarbeitern interviewt, während sie über den illegalen Sexhandel in Thailand recherchiert hat.

Das Einkommen eines Veranstaltungsortes werde durch den Abzug eines Teils des Verdienstes der Sexarbeiter erzielt, sagte sie weiter. Ein in Thailand arbeitender Profi aus Myanmar sagte der Forscherin, sie könne alleine schon 1.000 bis 2.000 Baht im Monat damit verdienen, nur um mit den Kunden “ zusammenzusitzen „. Jeder sexuelle Dienst am Kunden würde ihr Einkommen dann auf bis zu 5.000 Baht erhöhen. Sie könne so durchschnittlich jeden Monat 10.000 Baht verdienen.

Das Gesetz zur Verhütung und Unterdrückung von Prostitution von 1996 bestraft den Sexarbeiter für den Verkauf von Sex mit einer Höchststrafe von maximal 1.000 Baht. Der Kunde, der für den Sex bezahlt, wird dagegen nicht bestraft. Hier müssten die Gesetze ansetzen und entsprechend geändert werden, schlägt die Forscherin weiter vor.

Dazu führte sie weiter an, dass im nordischen oder im französischen Modell der Verkauf von Sex legal ist. Allerdings ist es hier verboten, diese Dienstleistungen zu kaufen oder ein Bordell zu betreiben. Der Sexarbeiter wird hier als ein Opfer betrachtet, das nicht durch das Gesetz noch weiter zum Opfer gestempelt werden sollte, erklärte sie.

Die Idee in diesem Ansatz ist die Entkriminalisierung der Sexarbeiter, während es dabei für die Kunden schwieriger wird, ihre Dienste zu kaufen. Das sollte die Prostitution auf lange Sicht reduzieren, sagte Frau Mataluk, ohne dass die Prostituierten dabei weiter zum Opfer werden.

„Wenn wir die Kunden bestrafen oder den Sex illegal machen, lassen wir sie darüber nachdenken: “ Ist es das wert, wenn ich für das Geschlecht bezahlen und das Gesetz verletzen muss? Wenn die Investition riskant ist, wollen sie dann trotzdem in den illegalen Sexhandel investieren“?

Aber ein Sexarbeiter sagte den Seminar Teilnehmern, dass das nordische Modell kontraproduktiv sein könnte. “ Ping Pong “ eine 40-Jährige Frau, die seit 20 Jahren in Bangkoks Bars und auf der Straße den Handel betrieben hat sagte weiter, der Ansatz könnte die Prostitution noch weiter in den Untergrund treiben, anstatt sie zu reduzieren. “ Außerdem hätte ich dann noch mehr Angst vor der Qualität der Kunden“, fügte sie hinzu.

„Wenn der Sexkauf illegal wäre, wären nur noch diejenigen Leute, die keine Angst vor dem Gesetz haben – wie zum Beispiel Leute mit Vorstrafen – unsere Kunden. Das macht das Geschäft dann noch gefährlicher für uns“, sagte sie weiter.

Die Forscher haben auch den Ansatz der Legalisierung und der Regulierung der Prostitution untersucht.

Hier würden sich Sexarbeiterinnen bei den Regierungsbehörden registrieren lassen, sich regelmäßig einer ärztlichen Untersuchung auf sexuell übertragbare Krankheiten unterziehen und möglicherweise auch eine offizielle Prostitutionskarte bekommen.

Sie würden der Steuer- und Arbeitsgesetzgebung unterliegen und zur sozialen Sicherheit beitragen und diese natürlich dann auch erhalten, fügte sie hinzu. Die Regulierung erleichtert auch die Kontrolle des Mindestalters der Personen, die in den Handel eintreten, betonte sie weiter.

Außerdem könnte die Prostitution auch die Vergewaltigung in der Ehe reduzieren, gab Frau Mataluk, die Juraprofessorin an der Universität Thammasat und Experte für Frauen- und Kinderrecht zu bedenken.

„Viele Frauen sind gezwungen – mit oder ohne Gewalt – Sex mit ihren Ehemännern zu haben“, sagte sie weiter.

Für Frauen in einigen Ländern bedeutet die Freiheit, wenn ihre Ehemänner auch Sex kaufen können, dass dieser Druck für sie wegfällt, sagte sie weiter.

Die Idee der voll legalisierten Prostitution wird von Ping Pong begrüßt, die sagt, dass dies das Stigma ihres Berufes reduzieren würde. Die Sexarbeiterin glaubte jedoch, dass nur ein paar thailändische Prostituierte es tatsächlich auch wagen würden, sich registrieren zu lassen.

„Wenn sich jemand für einen öffentlichen Posten bewirbt, und die Leute herausfinden, dass seine Mutter eine Prostituierte ist oder war, wie würden die Leute dann reagieren? Wie viele Frauen wären dazu bereit, in ihren Unterlagen eine Aufzeichnung darüber zu haben, in diesem Beruf gearbeitet zu haben oder immer noch tätig zu sein“? fragte sie.

In ihrem Fall, so sagte Frau Ping Pong weiter, sei es ihr gelungen, ihren Beruf vor ihren beiden Töchtern geheim zu halten. Nur dadurch sei es ihr überhaupt möglich gewesen, ihre beiden Töchter auf die Universität zu bringen und sie dort studieren zu lassen.

Ein Bericht der deutschen Tageszeitung Welt ergab, dass weniger als die Hälfte der geschätzten 400.000 bis 1 Million Sexarbeiterinnen in Deutschland trotz der Verlockung von Sozialleistungen sich für eine Registrierung entschieden hatten.

Thailand müsse möglicherweise ein System einführen, das den Sexarbeiter nicht demütigt, sagte Frau Mataluk. Gleichzeitig fügte sie jedoch hinzu, dass die Legalisierung von Prostitution ohne einen Registrierungsprozess nicht möglich wäre.

„Wir wollen die Sexarbeiter, ihre Kunden und die Gesellschaft insgesamt schützen. Also müssen wir das ganze regulieren und kontrollieren können“, betonte sie.

„Der Demütigungsfaktor ist etwas, was die Sexarbeiterinnen unbedingt beachten müssen, bevor sie diesen Weg wählen“, betonte sie weiter.

Wie in Schweden, Frankreich und in den anderen Ländern, die Prostitution legalisiert haben, wäre es das Ziel, sie zu beseitigen. Um dies zu erreichen, muss die Regierung jedoch auch eine alternative Berufsausbildung für Sexarbeiterinnen unterstützen, damit sie aus diesem Dilemma austreten und es beenden können.

„Und es bringt ihnen definitiv nichts zu lernen, Girlanden, Körbe oder Papiervögel zu machen“, sagte Frau Mataluk. Es muss schon eine nachhaltige und realistische Alternative sein.

„Wir müssen weiter vorwärts gehen. Wenn wir es nicht regulieren und stattdessen die Situation wie bisher weitermachen, werden die Dinge irgendwann einmal außer Kontrolle geraten „, sagte sie und wies auf den wachsenden Trend hin, dass auch schon thailändische Teenager damit anfangen, ihre Körper als Nebenerwerb verkaufen.

 

  • Quelle: The Nation