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Spannungen an der Grenze eskalieren: Kambodscha drängt, Thailand hält Wache

BANGKOK. Während die diplomatischen Spannungen wegen umstrittener Grenzgebiete eskalieren, verstärkt Kambodscha seine juristische und politische Offensive, während Thailand seine Position mit der Forderung nach bilateralen Mechanismen und nationaler Einheit bekräftigt. Die Pattsituation entfaltet sich nun sowohl an der militärischen als auch an der diplomatischen Front.

Seit dem Zusammenstoß zwischen thailändischen und kambodschanischen Truppen in Chong Bok, Bezirk Nam Yuen, Provinz Ubon Ratchathani, am 28. Mai hat sich die Situation innerhalb von nur einer Woche rapide verschärft.

Am darauffolgenden Tag, dem 29. Mai, trafen sich General Pana Klaewblaudtuk, Oberbefehlshaber der Königlich Thailändischen Armee, und General Mao Sophan, sein kambodschanischer Amtskollege. Beide Seiten einigten sich auf den Abzug ihrer Truppen aus dem umstrittenen Gebiet.

Am selben Tag postete der kambodschanische Premierminister Hun Manet auf Facebook, dass Kambodscha keinen bewaffneten Konflikt mit Thailand wünsche, aber im Falle einer Provokation bereit sei, militärische Gewalt anzuwenden.

Trotz dieser anfänglichen Deeskalationsbemühungen erhöhte Kambodscha bald den Einsatz. Am 1. Juni erklärte Hun Manet, dass Kambodscha Thailand während der für den 14. Juni in Phnom Penh angesetzten Sitzung des Gemeinsamen Grenzausschusses (JBC) einladen werde, den Grenzstreit gemeinsam dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag (Niederlande) vorzulegen.

Am darauffolgenden Tag, dem 2. Juni, billigte das kambodschanische Parlament einen Vorschlag von Senatspräsident Hun Sen, eine rechtliche Lösung des Grenzkonflikts vor dem Internationalen Gerichtshof anzustreben. Hun Manet, der im Namen der Regierung sprach, nahm den Vorschlag umgehend an und bestätigte, dass Kambodscha mit oder ohne Beteiligung Thailands fortfahren werde.

Am 4. Juni gab die kambodschanische Regierung eine offizielle Erklärung ab, in der sie ihre Absicht bekräftigte, den Streit dem IGH vorzulegen. Sie stellte zudem klar, dass bei der bevorstehenden JBC-Sitzung am 14. Juni keine Diskussionen über die dem Gericht vorzulegenden Streitpunkte stattfinden würden.

Die Erklärung bekräftigte ferner Kambodschas Entschlossenheit, internationale Rechtswege in Bezug auf vier sensible Grenzgebiete zu beschreiten: das Smaragddreieck sowie die Tempel Ta Muen Thom, Ta Muen Tot und Ta Kwai. Sie drückte die Hoffnung auf thailändische Kooperation im Rechtsweg aus und bestätigte, dass diese vier Gebiete von der Tagesordnung der JBC-Sitzung ausgeschlossen würden.

Die Königliche Regierung Kambodschas (RGC) bekräftigte, dass ihre Außenpolitik stets auf Frieden, Freundschaft und internationaler Zusammenarbeit beruhte, insbesondere mit Nachbarländern, deren Grenzen während der französischen Kolonialzeit geformt wurden.

Kambodscha äußerte die Hoffnung, dass Thailand den Fall im Geiste der Fairness, des gegenseitigen Vertrauens, der langjährigen Freundschaft und der guten Nachbarschaft dem IGH vorlegen werde. Es betonte jedoch auch, dass Kambodscha bei fehlender Kooperation bereit sei, einseitig vorzugehen.

Seit den Auseinandersetzungen am 28. Mai ist die Haltung der thailändischen Regierung uneinheitlich. Während die königlich-thailändische Regierung auf Diplomatie setzt, hat das Militär, insbesondere die Zweite Armeeregion, Berichten zufolge Truppen für den Fall eines unerlaubten Grenzübertritts in das umkämpfte Gebiet vorbereitet.

Auch intern gab es widersprüchliche Ansichten. So drängte das Militär Berichten zufolge auf die vorübergehende Schließung der thailändisch-kambodschanischen Grenzübergänge, ein Vorschlag, der von Vizepremierminister und Verteidigungsminister Phumtham Wechayachai entschieden abgelehnt wurde.

Spannungen an der Grenze eskalieren: Kambodscha drängt, Thailand hält Wache

Vom 28. bis 31. Mai vertrat die thailändische Regierung keine klare politische Linie. Das änderte sich am 1. Juni, als Außenminister Maris Sangiampongsa offiziell Thailands Position darlegte: Die Lösung des Konflikts soll durch drei etablierte bilaterale Mechanismen erfolgen:

Am 4. Juni veröffentlichte die thailändische Regierung eine offizielle Erklärung, in der sie ihr Engagement für friedliche Verhandlungen im Rahmen der JBC-, GBC- und RBC-Verhandlungen bekräftigte. Die Erklärung betonte die Überzeugung, dass Thailand und Kambodscha das Problem gemeinsam als gute Nachbarn lösen könnten, wobei die Sicherheit der Grenzgemeinden und der Geist der Einheit der ASEAN im Vordergrund stehen würden.

Am selben Tag versicherte Premierministerin Paetongtarn Shinawatra der Öffentlichkeit, dass die zivil-militärische Koordination im Gange sei. Sie betonte:

Wir müssen uns unserer Identität bewusst sein. Unsere Nationalhymne sagt, wir lieben den Frieden, aber wir sind keine Feiglinge, wenn Krieg ausbricht. Wir sind bereit, jeden thailändischen Bürger zu schützen.

Ebenfalls am 4. Juni hielt der Nationale Sicherheitsrat Thailands eine nichtöffentliche Sitzung ab und kündigte Pläne zur Einrichtung eines Sonderausschusses zur Überwachung der Lage an.

Am 5. Juni wurde eine zweite Regierungserklärung veröffentlicht, in der Kambodscha aufgefordert wurde, die Eskalation der Grenzfrage zu beenden. Thailands Präferenz für bilaterale Lösungen über den JBC wurde bekräftigt. In der Erklärung wurde zudem wiederholt, dass Thailand seit 1960 die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs (IGH) nicht mehr anerkannt hat und sich daher gegen einseitige rechtliche Schritte ausspricht.

In der Erklärung wurde darauf hingewiesen, dass es bereits bilaterale Mechanismen zur Beilegung von Grenzstreitigkeiten gebe, auf die sich beide Seiten geeinigt hätten. Diese Mechanismen sollten sich strikt auf die Gebiete konzentrieren, in denen es zu Zwischenfällen gekommen sei, ohne den Streit auszuweiten, was die Angelegenheit nur noch komplizierter machen würde.

Die thailändische Regierung betonte, dass sie Verluste auf beiden Seiten vermeiden wolle. Sie hob außerdem die Fortschritte hervor, die im Rahmen des JBC in den letzten 26 Jahren erzielt wurden, und nannte Beispiele wie:

Die thailändisch-kambodschanische Freundschaftsbrücke, die Ban Nong Ian (Provinz Sa Kaeo) und Stueng Bot (Provinz Banteay Meanchey) verbindet; und

Der Bau einer neuen Grenzbrücke zwischen Ban Phak Kad (Provinz Chanthaburi) und Phrom (Provinz Pailin).

 

Während die diplomatischen Spannungen wegen umstrittener Grenzgebiete eskalieren, verstärkt Kambodscha seine juristische und politische Offensive, während Thailand seine Position mit der Forderung nach bilateralen Mechanismen und nationaler Einheit bekräftigt. Die Pattsituation entfaltet sich nun sowohl an der militärischen als auch an der diplomatischen Front.

 

Die Erklärung schloss mit der Aussage Thailands, es sei bereit, an der JBC-Sitzung am 14. Juni 2025 teilzunehmen, und forderte Kambodscha auf, im gleichen Geist der Zusammenarbeit ein gemeinsames Engagement für Frieden und regionale Stabilität zu zeigen.

Die zweite offizielle Erklärung der thailändischen Regierung wiederholte die Position, die Premierministerin Paetongtarn auf ihrer persönlichen Facebook-Seite zum Ausdruck brachte und bekräftigte:

Die königlich-thailändische Regierung möchte klarstellen, dass Thailand die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs (IGH) seit 1960 in keinem Streitfall anerkannt hat und diese Position auch weiterhin vertritt. Wir betonen, dass auftretende Probleme nur in den Bereichen behandelt werden sollten, in denen es zu Zwischenfällen gekommen ist, ohne den Streit auszuweiten.

Am selben Tag bestätigte der stellvertretende Premierminister und Verteidigungsminister Phumtham, dass die umstrittenen Gebiete auf der JBC-Sitzung am 14. Juni erörtert würden. Er reiste außerdem mit dem stellvertretenden Verteidigungsminister General Natthaphon Nakpanich, dem Generalstabschef der Armee General Thongchai Rodyoi und anderen hochrangigen Beamten nach Phnom Penh. Die thailändische Delegation führte Gespräche mit dem kambodschanischen stellvertretenden Premierminister und Verteidigungsminister General Tea Seiha sowie General Eth Sarath, dem stellvertretenden Oberbefehlshaber und Generalstabschef der kambodschanischen Streitkräfte.

Am 6. Juni berief Phumtham um 10 Uhr eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats (NSC) ein, um Thailands strategische Reaktion auf die Entwicklungen an der thailändisch-kambodschanischen Grenze zu erörtern und zu formulieren. Er bekräftigte das unerschütterliche Engagement der thailändischen Regierung und des Militärs für die Verteidigung der Souveränität und territorialen Integrität Thailands.

Diese Entwicklungen unterstreichen die sich entwickelnde Dynamik zwischen der königlich thailändischen und der kambodschanischen Regierung in diesem langjährigen Grenzstreit. Die Streitkräfte beider Seiten sind weiterhin in höchster Alarmbereitschaft und bereit, ihre jeweiligen Ansprüche zu verteidigen.

Auf politischer Ebene stehen beide Regierungen nun vor einer entscheidenden Bewährungsprobe: Sie müssen einen gemeinsamen Nenner finden und ihre Differenzen konstruktiv bewältigen, um eine Eskalation zu vermeiden und unnötige Verluste zu verhindern.

 

Quelle: The Nation Thailand

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