BANGKOK. Der Grenzkonflikt mit Kambodscha hat dem politischen Ansehen von Premierminister Paetongtarn Shinawatra schwer geschadet, dessen Zustimmungswerte in der Bevölkerung von 30,9 Prozent auf 9,2 Prozent gesunken sind.
Ein durchgesickertes Gespräch zwischen Paetongtarn und dem kambodschanischen Staatschef Hun Sen sowie Spekulationen über die langjährige Bindung ihrer Familien haben das Misstrauen der Öffentlichkeit geschürt und zu Vorwürfen geführt, ihre Beziehung habe die Krise eskalieren lassen.
Der Konflikt hat die Legitimität der regierenden Pheu-Thai-Partei geschwächt. Es wird erwartet, dass ihre politischen Gegner die vermeintlichen diplomatischen Misserfolge der Regierung bei den nächsten Wahlen gegen sie verwenden werden.
Im Gegensatz zum schwindenden Einfluss der Regierung hat das thailändische Militär durch seine Rolle bei der Verteidigung der nationalen Souveränität während der Zusammenstöße das Vertrauen der Öffentlichkeit und politisches Kapital gewonnen.
Das alte Sprichwort „Eine Nation ist kein Spielzeug“ ist heute wahrer denn je. Politische Fehltritte – ob aus politischer Naivität oder rücksichtslosem Ehrgeiz – haben verheerende Folgen. Die Grenzkonflikte zwischen Thailand und Kambodscha haben großes Leid verursacht: Zivilisten wurden getötet, Häuser zerstört und Vertrauen zerstört.
Unter den starken Männern der Region ist die Gerissenheit des kambodschanischen Premierministers Hun Sen unübertroffen, und seine jüngsten Manöver haben die politische Landschaft der Region dramatisch verändert. Die Nachkriegssituation wird voraussichtlich nicht wiederzuerkennen sein – eine Rückkehr zum Status quo wird es nicht geben.
Die politischen Folgen waren für Premierministerin Paetongtarn Shinawatra besonders gravierend. Ihre mutige und unerschütterliche öffentliche Haltung wird als Versuch gewertet, angesichts zunehmender öffentlicher Kritik politisch Fuß zu fassen. Ein durchgesickerter Ausschnitt ihres Gesprächs mit „Onkel Hun Sen“ wird vielfach als Auslöser der verschärften Spannungen und des Misstrauens gegenüber dem politischen Establishment genannt.
Über die langjährigen Verbindungen zwischen den Familien Shinawatra und Hun wird viel spekuliert. Viele glauben, dass Hinterzimmergeschäfte – möglicherweise im Zusammenhang mit transnationalen Interessen – vor der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Paetongtarn verteidigt sich energisch und betont, ihr Handeln sei im nationalen Interesse gewesen und ihre Worte seien politisch verzerrt worden.
Sie behauptete, ihr hartes Vorgehen gegen Betrügereien in kambodschanischen Callcentern, bei denen thailändische Bürger betrogen wurden, habe möglicherweise den Zorn der Elite von Phnom Penh auf sich gezogen – mehr als jeder politische Fehltritt.
Doch die öffentliche Meinung scheint weniger nachsichtig zu sein. Laut einer Umfrage von NIDA Poll im zweiten Quartal ist die Popularität von Paetongtarn von 30,9 Prozent im ersten Quartal auf nur noch 9,2 Prozent gesunken – und das schon vor den tödlichen Grenzkonflikten.
Angesichts der steigenden Zahl an Opfern und Zerstörungen fällt es zunehmend schwer zu behaupten, die Regierung und insbesondere Paetongtarn seien unbeschadet davongekommen.
Die Wunden des Krieges werden nicht nur im politischen Establishment – insbesondere bei der regierenden Pheu-Thai-Partei – bleibende Narben hinterlassen, sondern auch in den Beziehungen zwischen den Völkern Thailands und Kambodschas.
Der Konflikt hat eine harte Wahrheit ans Licht gebracht: Politische Instabilität kann die außenpolitische Haltung eines Landes unmittelbar schwächen. Kritik wuchs angesichts des vermeintlichen Mangels an Vertrauen und Klarheit von Außenminister Maris Sangiamphongsa. Dessen Loyalität gegenüber dem ehemaligen Premierminister ließ einige fragen, ob Thailand auf der Weltbühne von Kambodscha ausmanövriert werde.
Im Gegensatz dazu hat das thailändische Militär sein politisches Kapital zurückgewonnen. Während die Regierung an Legitimität verliert, gewinnen die Streitkräfte durch ihre Verteidigung der nationalen Souveränität das Vertrauen der Bevölkerung. Ihre Leistung könnte künftige Bemühungen um eine Erhöhung der Militärausgaben unterstützen, insbesondere für Luftstreitkräfte und moderne Waffen, die heute als wegweisend für die moderne Kriegsführung gelten.
Das Militär hat erneut seine Kompetenz unter Druck unter Beweis gestellt. Die eigentliche Bewährungsprobe liegt nun bei der Zivilregierung: Wie wird sie mit einer Flut sich überschneidender Krisen umgehen: wirtschaftliche Stagnation, Handelsdruck der USA, Inflation, Naturkatastrophen und nun auch Krieg?
Schlimmer noch: Der Grenzkonflikt könnte von politischen Gegnern instrumentalisiert werden. Sie werfen der Regierung vor, durch mangelnde Diplomatie leichtfertig Konflikte heraufzubeschwören. Auch wenn Pheu Thai und Paetongtarn darauf beharren, Hun Sen habe einseitig gehandelt, sind viele skeptisch. Die Wahrnehmung, dass beide politischen Dynastien – die thailändische und die kambodschanische – zur Eskalation der Krise beigetragen haben könnten, hält sich hartnäckig.
Angesichts der bevorstehenden Wahlen steht die Pheu Thai-Partei vor einem schweren Kampf. Ihre Gegner werden die Erinnerung an den Krieg wohl kaum stillschweigend aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwinden lassen.
- Quelle: The Nation Thailand