Strandgut in Geiselhaft – Ein Kommentar

„Selbst wenn es keinen Tsunami gibt, dann wissen die Leute hier, wie man Katastrophen heraufbeschwört.“ – Ein deutscher Tourist nach der Schließung des Flughafens in Phuket

Nachdem ich sieben Jahre in Thailand verbracht und die Thais kennengelernt habe, ist mir klar geworden, daß Thailand ein unsicheres Land ist. Eine Seßhaftwerdung habe ich immer skeptisch gesehen und größere Investitionen kamen mir nie in den Sinn.

Wenn man einem 60 Millionen Volk schon zur Schulkinderzeit die Benutzung des Verstandes austreibt, logisches und kausales Denken konsequent verhindert, doch Obrigkeitshörigkeit und Ergebenheit als Eckpfeiler eines gesellschaftlichen Bildungswesens hochstilisiert, das dann aber solch bedauernswerte Absolventen hervorbringt, die mit ihren armseligen Wissensschätzen zumeist in lausig bezahlten Serviceberufen landen, die die Familien nur ungenügend über die Runden bringen, dann sieht man schon mal, daß ganz entscheidende Fehler vorliegen. Da bleibt dann auch nur noch ihr whiskybeduseltes Sanukgehampel, damit sie sich ihr verfahrenes Leben schön saufen können.

Wäre es den Menschen ermöglicht, sich geistig auseinanderzusetzen, wäre es ihnen möglich, Gedanken zu formen und in Worten auszudrücken, dann bräuchten sie nicht mit Knüppeln und Bomben aufeinander loszugehen. Was ist das denn überhaupt für ein Verhalten? Da stürmen selbsternannte Kämpfertypen ein Parlament und Schlägertrupps nehmen einen Flughafentower ein! Ist das noch Politik? Hat das noch etwas mit Rechtsstaatlichkeit zu tun? Ist das die thailändische Weise von Meinungsdiskussion? Man setzt unschuldige Reisende fest, hält ihnen quasi das Messer an die Kehle, und benutzt sie als Faustpfand im politischen Ränkespiel zur Durchsetzung der eigenen Interessen. Was ist das für ein armseliges Schmierentheater! Es hat mit Demokratie nichts, aber auch gar nichts zu tun.

Thailand demaskiert sich endlich selbst. Es gibt keine Rechtssicherheit und keine Demokratie. Es war schon immer landesüblich, daß sich der Stärkere qua seiner erpresserischen Drohmittel durchsetzen konnte. Die Thais sind dies seit altersher gewöhnt und nehmen es gelassen.

In der aktuellen Auseinandersetzung hat der aufgestachelte Volksmob sogar das Backing von „ganz oben“. Doch die einfachen Menschen haben keine Ahnung, wofür sie verheizt werden. Geht es etwa um ein besseres Leben für sie? Um mehr Einkommen? Um billigere Reis- oder Spritpreise? Um bessere Lebensbedingungen?

Nein. Es ist eine rein politische Auseinandersetzung. Es geht um widerstreitende Auffassungen wie man ein Land regiert. Doch dies gibt es überall auf der Welt! Politische Parteien streiten um ihre Anliegen und Sichtweisen. Dafür kämpfen sie um Unterstützung bei ihren Anhängern und gleichwohl in ihren Parlamenten. So funktioniert das in demokratischen Gesellschaften!

Aber in Thailand ist ja alles so anders und man ist ja so stolz auf seine Andersartigkeit.

Doch die kriegen die fremden Landesbesucher, die mit heftigem Weggucken schon immer die wahren Tatsachen nicht sehen wollten, nun schonungslos, und mal so ganz anders als sie erwarteten, präsentiert.

Nun endlich fällt der Schleier. Mit ungläubigem Staunen hielten sie diese Thais bisher für sanftmütige, duldsame und allzeit lächelbereite Überengel und fuhren in der Auffassung wieder davon, daß der „Thai way of life“ ganz gewiß eine nachahmenswerte Vorstufe zum Paradies sein müsse.

Das offizielle Thailand tat über seine Tourismusbehörde alles, damit sich solche verschwurbelten Halluzinationen auch noch als wahr in den Erinnerungen der Touristen einbrannten. Doch es bleiben fatamorgane Gespinste an der Oberfläche, flüchtige Trugbilder, die aus dem Dunst der feuchten Reisniederungen aufsteigen. Die mühsam aufrechterhaltene Schönmalerei war schon lange brüchig, und die Risse wurden größer in der letzten Zeit. Nun tauchen die wahren Geister hinter den Wachträumen auf und zeigen ihre Fratze.

Thailand ist nur ein Land auf unserer großen schönen Erde, und die Bewohner haben ein Recht auf ihr eigenes Kaspertheater. Doch diesmal sind die großen Strippenzieher zu weit gegangen. Die zurückkommenden Echowellen künden von internationaler Verstörung. Der Schaden für das Land und die Menschen wird beträchtlich sein. Doch wem schon die geistige Entwicklung des eigenen Volkes egal ist, dem ist die weltweite Empörung nur einen Lacher wert.

Ich werde nach Thailand zurückkehren und das wenige, das ich dort besitze, auflösen. In diesem Land kann alles passieren. Wieso sollte ich warten bis ich Jagdwild werde? Paul Martini