Verzweifelter Brief aus dem Knast

Der 41jährige war wegen einer Buchveröffentlichung am 31. August auf dem Flughafen in Bangkok verhaftet worden, vier Anträge auf Kaution wurden bislang abgelehnt.

Ausschnitte aus dem Brief:

„Liebe Mami,

ich habe an Dich und Papa oft gedacht, jetzt so kurz vor Weihnachten. Meine einzige Hoffnung, hier durchzukommen, besteht darin, daß Du und Papa gesund bleibt. Wenn einem von Euch etwas zustößt, dann schaffe ich das nicht.

Ich fühle mich sehr schwach. Mein Herz ist mit Trauer und Verzweiflung vergiftet. Wenn ich mich in der Vergangenheit festhalte oder an die Zukunft denke, bekomme ich Depressionen. Ich verliere den Willen, auf meine Gesundheit zu achten und verliere den Verstand. Die Gegenwart ist ein ständiger Angriff auf meine Gefühle und meine Vernunft. Werde ich von den Erinnerungen gejagt, wenn all das hier vorbei ist? Werde ich den Gestank nach verfaultem Gemüse je aus meiner Nase bekommen? Wird der Dreck auf meiner Haut sich je ablösen? Es ist lange her, seitdem ich etwas Kaltes trinken und heiß duschen konnte oder richtig temperiertes Essen bekam.

Ich habe seit drei Monaten keinen Löffel, keine Gabel, keinen Teller benutzt. Ich esse aus Plastiktüten. Ich habe es satt, auf dem Betonboden zu sitzen, zu stehen oder zu knien. Ich wasche und rasiere mich ohne Spiegel. Ich möchte frische Luft einatmen ohne Angst zu haben, mich zu infizieren. Ich sehne mich nach richtigem Schlaf und nicht nach einem Erschöpfungsschlaf auf dem Betonboden wie in den meisten Nächten. Ich wünschte, ich könnte mal allein auf die Toilette, und nicht im Beisein von 50 anderen Männern. So schrecklich die Gegenwart auch sein mag, sie ist immer noch besser als die Erinnerungen an Melbourne oder die Zukunft, die hätte sein können.

Diese Gedanken erinnern mich daran, was ich alles verloren habe. Ich versuche, nicht an ein Leben da draußen zu denken, aber es gelingt mir nicht lange. Ich sehe eine Fotografie in einem alten Magazin, höre eine Stimme, die meinen Namen ruft, und plötzlich kommen die Erinnerungen – nur um hart aufzuschlagen, wenn ich merke, wo ich bin.

Ich will stark bleiben und mich konzentrieren, wenn Du willst. Ich werde niemals Deine Hand loslassen, Mutter, und ich beschwöre Dich, niemals meine loszulassen. Dein Dich immer liebender Sohn Harry“ Neos Kosmos