Familien, Freunde, Würdenträger und Mitglieder der Königlichen Familie kamen einst zu dem Denkmal, um den rund 5400 Toten zu gedenken, die in Thailand vor vier Jahren ihr Leben ließen.
Wenn man das Denkmal sieht, wird man das Gefühl nicht los, daß man hier der Toten nicht gedenken will, sondern sie längst vergessen hat. Damals übertrumpften sich Hilfsorganisationen gegenseitig damit, für die Flutopfer zu spenden. Es wurde alles daran gesetzt, die Leichen zu bergen und zu identifizieren. Bislang sind rund 300 nicht identifiziert…
Bereits jetzt nagt der Zahn der Zeit an der „Wand der Erinnerung”, niemand scheint sich um deren Erhalt zu kümmern. Die Holzrahmen der Blumenkränze, die bei den Gedenkfeiern vor einem Jahr auf die Mauer gelegt wurden, baumeln in der Brise. Der Putz der Mauer hat in kurzer Zeit arg gelitten.
Soll man sich an den Tsunami und seine Opfer erinnern oder besser alles vergessen? Das scheint das Denkmal, wie es sich zur Zeit präsentiert, den Besucher zu fragen.
Der Rasen wird nicht gemäht, das Gras ist so hoch, daß es schwierig ist, bis zur Mauer zu gelangen. Der burmesische Abschnitt der Mauer wird bereits von Rankpflanzen überwuchert.
Viele der Flaggen, die über der Mauer wehten, wurden weggeweht, inklusive des schwedischen Wappens. Die australische Flagge hängt in Fetzen, Stars and Stripes der Vereinigten Staaten ist inklusive Fahnenmast verschwunden.
Die Mauer symbolisiert nun in eigenartiger Weise, wie schnellebig die Welt ist, und daß sie unfähig ist, sich zu erinnern oder erinnern zu wollen. Ein Besuch des Denkmals ist nicht nur traurig, sondern schockierend.
Es ist durchaus möglich, daß die Mauer renoviert wird, bevor Politiker und Diplomaten sich am 26. Dezember hier zu Gedenkfeiern einfinden. Nette Worte werden über die Toten gesprochen werden. Und dann werden die Opfer des Tsunamis wieder vergessen werden – mindestens ein Jahr lang.
Das hat natürlich Methode. Über den Tsunami will auf Phuket niemand mehr reden. Das schadet der Tourismusindustrie. Nur wenige werden von Pietätlosigkeit sprechen, wenn Leute heute an Stellen ihren Spaß haben, wo noch nicht allzulange zuvor Tausende starben. Es gibt nicht einmal mehr Wegweiser, die auf das Denkmal hinweisen. Wer nicht weiß, wo es sich befindet oder gezielt danach sucht, wird sich nie dorthin verirren.
Daß es auch anders geht, beweist die Nachbarprovinz Phang Nga. Die Besucher finden dort eine hübsch angelegte Gartenanlage vor, den Tsunami Memorial Garden nahe des Dorfes Nam Khem. In der Nähe stehen zwei Fischtrawler, die durch die Flut weit ins Landesinnere getragen wurden.
Der Tsunami-Friedhof nahe Bang Maruan, auf dem die 300 bislang nicht identifizierten Opfer liegen, ist ebenfalls gut gepflegt. Dorfbewohner hatten sich kürzlich zusammengefunden, um Abfälle einzusammeln und Sonnenblumen zu säen, die dann anläßlich des Jahrestages blühen werden. Aber auf Phuket? Da will man die ganze Sache lieber vergessen. Man will den Touristendollar, den Yen, Euro, Rubel… Alle Erinnerungen an den Tsunami sollen ausgelöscht werden, weil das dem ganz großen Geschäft im Wege steht.
Erinnern wir uns allein an den Fall, als 2006 in einer Nacht- und Nebelaktion alle nicht identifzierten Leichen unter Polizeischutz von der Insel fortgeschafft wurden. Man wollte sie einfach los sein. Weg haben, vergessen. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Phuket sollte sich etwas schämen bezüglich der „Mauer der Erinnerung”. Wenigstens scheint die Bausubstanz stabil zu sein, das Projekt ist durch eine Hilfsorganisation finanziert worden. Es ist bereits die dritte Mauer, die ersten beiden wurden durch Vandalen, einen Brand und schlechtes Wetter zerstört.
Die Kommunalbehörden und die thailändische Regierung können für den Verfall des Denkmals durchaus verantwortlich gemacht werden. Das Budget, einen Hausmeister ständig anzustellen, der die Anlage in Ordnung hält, Flaggen ersetzt und Blumen gießt, würde ungefähr 72 000 Baht pro Jahr betragen. Das ist der Preis, den Phuket nicht aufbringen will.
Etwa 1070 Schweden und Deutsche starben im Tsunami, zusammen mit etwa 185 Finnen, 155 Briten, 115 Schweizern, 95 Franzosen, je 88 Österreichern und Norwegern, 78 Koreanern, 40 Besuchern aus Hongkong (auf der Mauer als Chinesen bezeichnet) 36 Niederländer, 28 Japaner, 24 Amerikaner and 23 Australier.
Etwa 2700 Thais starben undeine unbekannte Anzahl von Burmesen.
Falls Sie das Denkmal in Mai Khao besuchen möchten: Fahren Sie an das Nordende der Insel, am Polizeiposten vorbei. Halten Sie sich in der hinter dem Posten folgenden Kurve rechts und biegen sie am Ende der Kurve links in den Weg ein. Hinweisschilder gibt es nicht.