Warum haben sie Thaksin laufenlassen?

Offensicht­lich hatten nicht nur die Sturmspitzen, sondern auch die Hinter­mann­schaft versagt. Sie konnte die ent­scheidenden Treffer des Gegners nicht verhindern – es reichte gerade noch zur Warnung, sich, seine Familie und den größten Teil der Kohle in Sicherheit zu bringen.

Die lächerliche Summe von insgesamt 15 Millionen Baht an Auslöse für die drei Angeklagten – Chef, Gattin und Schwager – war verräterischerweise nur ein Bruchteil der Summe, die als Steuer fällig gewesen wäre, wenn…

Falls vom Gericht wirklich beabsichtigt war, eine Flucht zu verhindern, dann hätte es doch die Pflicht gehabt, eine Auslösesumme festzulegen, bei der jedermann wußte, daß Khun Thaksin sie aus der Portokasse bezahlen konnte. Und dazu noch die Ausreise­genehmigung…

Da müssen sich im Gerichts-Hinter­grund Diadochenkämpfe abgespielt haben, denn besagter Beobachter ohne besagte Tomaten auf den Augen wird niemals glauben, daß sich eine immer nach dem vom jeweiligen politischen Machthaber bestimmten Wohl des Volkes urtei­lende Jurisprudenz nun von heute auf morgen, nur auf allerhöchsten Befehl hin, wirklich ändert.

Vor kurzem hatte sie noch den „ehrlichen Fehler“ des Führers akzeptiert und damit einen juristischen Grundpfeiler zerstört mit dem Freispruch vom Vorwurf der Vermögensverschleierung. Und wenn eine solche Änderung wirklich auf Befehl erfolgen könnte, dann fragt sich der ohne Tomaten auf den Augen, warum selbiger nicht schon viel früher erteilt worden ist…

Auch wenn jetzt noch der Zugriff auf das Familienvermögen, was bisher nicht in Sicherheit gebracht werden konnte, erfolgen wird, ist Khun Thaksin immer noch kein armer Mann und kann sich ein luxuriöses Leben im Exil finanziell leisten. Die Zeit spielt für ihn…

Allerdings ist es ein schlimmer Gesichts­verlust, die Zuversicht und das Vertrauen in die Objektivität der Thai-Gerichtsbarkeit bei Wiederbetreten des Landes mit der jetzigen Beschuldigung in Einklang bringen zu müssen mit dem jetzigen Jammern, Opfer einer politischen Intrige geworden zu sein. Ein Spiel, was der Führer vollkommen be­herrschte während seiner Macht­periode. Aber wenn mal andere gewinnen, dann fließen die Krokodilstränen…

Ja, der Einfluß von Häuptling Nase war wohl nicht so groß wie erwartet bzw. versprochen. Er sitzt festgeklebt auf dem Amtssessel, dort gefällt es ihm offensicht­lich, der Dauerkrieg mit den Medien scheint ihm aus der Position der Macht heraus immer mehr Spaß zu machen. Dabei leistet er sich sogar mehr Fauxpas als derjenige, den er eigentlich (besser) vertreten sollte. Doch Thaksin wäre nicht Thaksin, wenn er nicht einkalkuliert hätte, daß es in der Politik keine Freunde gibt, nur Mit-Esser. Und wenn jemand an der Macht ist, dann macht er nicht freiwillig Platz für einen andern.

Auf wen hat Thaksin gesetzt? Wen hat er gekauft, damit er ihn aus der Gefahrenzone der Justiz bringt? Konnte, durfte oder wollte derjenige nicht wirkungsvoll ein­greifen? Meist passiert immer erst dann was, wenn was passiert. Einige Male sah es danach aus – auf dem Sanam Luang spitzte sich die Situation immer zu. Doch niemand wagte zu schießen. Der Stellvertreter hatte zwar gleich am Anfang den Finger dicht am Abzug, er gab sogar Schießbefehl, aber dann wurde ihm wohl von irgendwoher Angst gemacht vor der eigenen Courage. Der Angst­macher muß echtes Format gehabt haben… ja, wer war denn das nur?

Auch diese Situation wird Khun Thaksin vorausgesehen haben. Da muß doch irgendwo noch ein Joker im Spiel gewesen sein, der sich bei näherem Hinschauen als Lusche herausgestellt hat. Nun ist das Spiel mal vorentschieden. Doch seine Haupttrümpfe, die Mehrheit der Isaaner und seine Kohle, hat er immer noch in der Hand. Daran wird sich wohl auch so schnell nichts ändern, denn irdische Vergänglichkeit sowie die wirtschaftliche Entwicklung schwächen die Position von Thaksins Gegnern. Täglich und stünd­lich. Das Volk braucht Brot und Spiele, vor allem aber jetzt Brot und Sprit für den Diesel und den Traktor. Und das Zeug wird täglich teurer.

Die Sehnsucht nach einem Weißen Ritter, einem Helden, der allein mit seinem Erscheinen alles zum Guten wendet, ist tief in der Volksseele verwurzelt. Sie hat Khun Thaksin einmal an die Macht gebracht, vielleicht wird das ein zweitesmal passie­ren… roy