Mutmaßlicher Mörder weiterhin frei

Erst sieben Jahre später wurde der mutmaßliche Täter, ein Thai namens Kamol K., wegen Mordes zu 15 Jahren und acht Monaten Haft verurteilt.

Im Gefängnis sitzt der Mann allerdings bis heute nicht. Nach einer verlorenen Berufungsverhandlung hat der Todesschütze jetzt Revision eingelegt – und wurde auf Kaution erneut freigelassen.

Es passierte am 27. Juli 2000. Wenige Tage vor seinem 41. Geburtstag war Manfred Oberhauser im Rahmen eines Thailandaufenthalts in der Stadt Chiang Mai im Norden des Königreiches unterwegs. Auf einem Motorrad befuhr der Sohn des ehemaligen Bürgermeisters des Marktes Kühbach, Heribert Oberhauser, die Hauptstraße, als er aus nächster Nähe per Kopfschuß niedergestreckt wurde.

Was genau passiert war, ist letztlich bis heute unklar. Man geht davon aus, daß es zu einem einfachen Streit zwischen Verkehrsteilnehmern gekommen war. Der Todesschütze holte eine Faustfeuerwaffe aus dem Handschuhfach seines Geländewagens und drückte ab. Ein Tourist wurde Zeuge des Vorfalls und merkte sich das Kennzeichen des Autos. Nur dadurch konnte der Täter überhaupt festgenommen werden. Er legte zunächst ein Geständnis ab, das er kurz darauf widerrief.

Gegen Kaution wurde Kamol K. bis zur Verhandlung freigelassen. Die ging erst sieben Jahre später über die Bühne. Das Gericht war von der Schuld des Thais überzeugt und verurteilte den damals etwa 50jährigen nicht wegen Totschlags, sondern wegen Mordes zu 15 Jahren und acht Monaten.

Für westliches Rechtsempfinden unvorstellbar: Kamol K. wurde dennoch erneut gegen Kaution freigelassen. Der Todesschütze hatte einen Tag vor Ablauf der Frist Berufung eingelegt. Damit wurde das Urteil nicht rechtskräftig.

Grundsätzlich, so argumentierte seinerzeit die Botschaft, könne in Thailand bei jedem Vergehen ein Kautionsgesuch eingereicht werden, auch nach der erstinstanzlichen Verurteilung, sofern das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei. Bei schweren Verbrechen werde eine vorübergehende Freilassung zwar oftmals abgelehnt, manchmal jedoch auch gewährt.

Berufungsverfahren dauern in Thailand in der Regel etwa zwei Jahre. In diesem Fall waren es fast drei. Das Ergebnis: Das Berufungsurteil hat sich an das Urteil der ersten Instanz angeschlossen. Ins Gefängnis wanderte Kamol K. dennoch nicht. Der Beschuldigte habe Revision beantragt, worauf die Akte an das Revisionsgericht in Bangkok weitergeleitet worden sei.

Ein weiterer Termin stehe nicht fest, heißt es in einer E-Mail lapidar. Demnach hat der Beschuldigte erneut Kaution gestellt – und auch längst bewilligt bekommen. Damit befindet sich der mutmaßliche Mörder also auch zehn Jahre nach der Tat immer noch auf freiem Fuß. Donaukurier