Hongkong. Nur einen Tag nach dem ein Student bei einem Protest ums Leben kam, verschärft sich die Krise in Hongkong und die Spannungen nehmen weiter zu. Die Polizei von Hongkong teilte am Samstag (9. November) mit, dass sie drei Abgeordnete der Demokraten wegen einer Schlägerei im Parlament verhaftet haben.
Das internationale Finanzzentrum wird jetzt bereits seit fünf Monaten von gewalttätigen Protesten gegen die Demokratie belastet. Trotzdem hat sich Peking aber bisher geweigert, den meisten Forderungen der Bewegung nachzugeben.
Als die Stadt sich auf ein 24.tes Protest Wochenende in Folge vorbereitete, erhob die Polizei Anklage gegen drei wichtige demokratieorientierte Abgeordnete. Unterdessen gaben vier weitere Abgeordnete in den Medien an, sie seien von der Polizei angewiesen worden, später am Samstag eine Polizeistation zu besuchen, um dort vernommen zu werden.
Bei einer Verurteilung droht ihnen ein Jahr Gefängnis, berichtet die lokale Presse.
Die Anklage bezieht sich auf chaotische Szenen, die im Mai in einem Legislativausschuss ausbrachen, als demokratieorientierte Abgeordnete versuchten, eine kontrovers diskutierte Gesetzesvorlage zu stoppen, die Auslieferungen von Menschen an das autoritäre Festland Chinas ermöglichen würde.
Zu dieser Zeit verfolgte die Stadtführerin Carrie Lam die Gesetzesvorlage durch den Gesetzgeber, was zu rekordverdächtigen Straßenprotesten führte, bei denen bisher bereits Millionen von Menschen auf die Straße gingen und gegen die Gesetzesvorlage marschierten.
„Die Proteste, die seit fünf Monaten andauern, sind noch nicht zu Ende, aber die Regierung führt in Zusammenarbeit mit der Polizei bereits massive Verhaftungen von demokratiefreundlichen Abgeordneten durch“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Gesetzgebers.
Einer der betroffenen Abgeordneten hatte vor der Presse gesagt, er würde sich weigern, sich freiwillig zu melden.
„Wenn Sie mich beschuldigen, im Legislativrat gegen Gesetze verstoßen zu haben, dann kommen Sie her und verhaften Sie mich. Ich werde gleich hier auf sie warten“, sagte Lam Cheuk-ting gegenüber Reportern auf einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Hongkongs Legislative ist quasi demokratisch. Die Hälfte der Sitze wird vom Volk gewählt und der Rest wird von Komitees gewählt, die sich weitgehend für Peking einsetzen. Dies stellt sicher, dass die Kammer weiterhin mit Loyalisten der Regierung besetzt ist.
Die Opposition gegen die Regierung äußert sich in einer kleinen Gruppe demokratiefreundlicher Abgeordneter, die ihre Sitze bei den Kommunalwahlen gewonnen hatten.
Das Fehlen völlig freier Wahlen – und insbesondere die Tatsache, dass der Führer der Stadt von einem Pekinger Komitee ernannt wird – hat bereits schon früher zu jahrelangen Protesten geführt, die jetzt in den jüngsten Unruhen ausgipfelten.
Die Zunderbüchsenatmosphäre verschärfte sich am Freitag (8. November), nachdem der 22-jährige Student Alex Chow bei den jüngsten Zusammenstößen mit der Polizei an einem Sturz gestorben war.
Obwohl die genaue Kette der Ereignisse, die zu seinem Sturz führten, bisher noch unklar und umstritten ist, haben die Demonstranten die angebliche Brutalität der Polizei zu einem Sammelruf ihrer Bewegung gemacht und den Tod des Studenten aufgegriffen, um weiter gegen die Polizei Stimmung zu machen.
Tausende nahmen am Freitagabend an Mahnwachen bei Kerzenlicht teil, während die Polizei Katz- und Mausgefechte mit Flashmob Demonstranten führte, die in mehreren Stadtvierteln die Straßen blockierten, Barrikaden niederbrannten und U-Bahn Eingänge zerstörten.
Bei einem Vorfall gab ein Offizier einen Warnschuss ab, als seine Einheit mit Protestierenden Menschen konfrontiert wurde, die Projektile auf die Beamten warfen.
Die Stadt hält am 24. November Bezirksratswahlen ab, wobei sich das Peking freundliche Lager schon jetzt auf schwere Niederlagen vorbereitet.
Seit dem Beginn der Proteste gegen die Demokratie in diesem Sommer hat die Wählerregistrierung stark zugenommen, und das Lager für die Demokratie stellt zum ersten Mal Kandidaten in allen Wahlkreisen auf.
Es gibt jedoch auch schon erste Bedenken darüber, dass die Wahlen angesichts der sich verschärfenden Gewalt einfach abgebrochen werden könnten.
Am Mittwoch wurde einer der schärfsten Pekinger Politiker der Stadt bei einem Messerangriff von einem Mann verwundet, der sich als Anhänger der Demokratie ausgab.
Dieser Angriff ereignete sich drei Tage, nachdem ein Mandarin sprechender Mann, der pro – Pekinger Parolen rief, mindestens drei pro – demokratische Demonstranten erstochen und einem örtlichen Stadtrat das Ohr abgebissen hatte.
Pro-Demokratie Abgeordnete forderten dagegen die Demonstranten auf, der Regierung keine Entschuldigung für die Absage der Wahlen wegen der Gewalt zu geben.
„Die Wahl zum Distriktrat ist ein de-facto Referendum, bei dem alle Menschen in Hongkong auf die sozialen Probleme, die ungerechte Regierungsführung und die durch das Auslieferungsgesetz ausgelöste Polizeibrutalität reagieren können“, sagte die Gesetzgeberin Tanya Chan am Samstag.
Weitere Unruhen sind jedoch wahrscheinlich, da die Protestbewegung größtenteils online von Aktivisten organisiert wird, die Konfrontationen mit der Polizei befürworten, die mit jedem Monat selbst ebenfalls mit immer härteren Taktiken reagieren.
Die Polizei hat wiederholt jegliche Vorwürfe wegen Fehlverhaltens in Bezug auf Chows Tod bestritten.
Am Samstag- und Sonntagabend werden Kundgebungen und Mahnwachen erwartet, und am Montag (11. November) wurde ein Generalstreik ausgerufen.
- Quelle: Bangkok Post