Hamburger Thai-Studentin schrieb „eine unschätzbare Ressource für zukünftige Studenten und Wissenschaftler“.

Anisong-Texte aus Lan Na (Nordthailand) auf Palmblättern geschrieben. Die Autorin einer neu vorgestellten Studie zu diesen Texten ist in dem Bildausschnitt zu sehen.

hmh. Hamburg. ศิลป์ศุภา แจ้งสว่าง Sǐnsùpha Châengsàwâng („Silpsupa Jaengsawang“) ist die Autorin des neuen, vierten Bandes der Hamburger Thaiistik-Studien. Es handelt sich um eine vergleichende Studie von gemeinsamen Traditionen von Nordthailand (Lan Na) und Laos (Lan Chang) mit dem Titel Anisong Manuscripts and Rituals. Das an der Universität Hamburg entstandene, englisch geschriebene Buch mit über 500 Seiten wurde mit Unterstützung der Königlich-Thailändischen Botschaft in Berlin veröffentlicht.

Nachfolgend mit freundlicher Genehmigung eine auszugsweise Übersetzung der englisch geschriebenen Rezension (Original hier) zu diesem Buch von Prof. Dr. Volker Grabowsky, Leiter des Fachgebiets Sprachen und Kulturen Südostasiens am Asien-Afrika-Institut der Universität Hamburg :

Bei diesem Buch handelt es sich um die überarbeitete Fassung einer Dissertation, die mit der Note Summa cum laude („mit dem höchsten Lob“) ausgezeichnet wurde. Es ist die erste eingehende Studie des Anisong – Themas innerhalb der buddhistischen Literatur, die von der Untersuchung der Manuskripte selbst ausgeht. Dr. Silpsupa Jaengsawang vergleicht die Verwendung von Manuskripten mit Anisong- Texten in Ritualen in zwei Regionen des Theravada-Buddhismus in Südostasien, wo die Herstellung solcher Manuskripte noch nicht ausgestorben ist, nämlich Laos (insbesondere Luang Prabang) und Nordthailand.

Die junge Wissenschaftlerin begab sich dabei auf sprachlich schwieriges Terrain, da die Texte der untersuchten Manuskripte in drei Varianten der Dhamma-Schrift ( tua aksòn tham ) verfasst sind, einer religiösen Schrift, die einst in Thailand und Laos weit verbreitet war, heute aber kaum noch bekannt ist, wenn man von einem kleinen Kreis gelehrter Mönche und Akademiker absieht. Darüber hinaus sind die Texte in der laotischen und nordthailändischen (Kam Mueang) Umgangssprache verfasst, angereichert mit Pali-Teilen, die nur zu oft fehlerhaft sind. Andererseits hat sich die Autorin mit den buddhistischen Ritualen um die Anisong Manuskripte auseinandergesetzt und zeigt auf, in welcher Beziehung diese zueinander stehen.

Dieses Bild aus dem hier besprochenen Buch (Seite 89) zeigt ein fast menschengroßes Manuskript aus Maulbeerbaum-Papier, das in der Nationalbibliothek von Laos, Vientiane, aufbewahrt wird. Die Autorin hält das Manuskript; das Bild entstand vor über fünf Jahren zu Beginn ihrer Studien in Laos am 9. März 2017. (Foto © Silpsupa Jaengsawang 2021)
Dieses Bild aus dem hier besprochenen Buch (Seite 89) zeigt ein fast menschengroßes Manuskript aus Maulbeerbaum-Papier, das in der Nationalbibliothek von Laos, Vientiane, aufbewahrt wird. Die Autorin hält das Manuskript; das Bild entstand vor über fünf Jahren zu Beginn ihrer Studien in Laos am 9. März 2017. (Foto © Silpsupa Jaengsawang 2021)

Diese Studie kombiniert eine solide philologische Analyse von Texten mit anthropologischer Feldforschung und einem theoretischen Rahmen, der vom Center for the Study of Manuscript Cultures (CSMC) entwickelt wurde.

Die Autorin erläutert die Bedeutung des Begriffs Anisong , der von Pali ānisaṃsa abgeleitet ist und „Nutzen, Vorteil oder gutes Ergebnis“ bedeutet. Sie zeigt, wie dieser Begriff in das grundlegende buddhistische Konzept von dāna eingebettet ist, der Tugend der Großzügigkeit und Wohltätigkeit, die die erste Art verdienstvoller Aktivität darstellt.

Darüber hinaus hebt sie einen entscheidenden Punkt hervor: Es reicht nicht aus, Anisong nur als Texte zu betrachten, die die Belohnungen in Form von Verdiensten oder „Vorteilen“ beschreiben, die ein Gläubiger von einer bestimmten religiösen Spende erwarten kann. Eine solch vereinfachende Sichtweise verschleiert die Tatsache, dass die vergleichsweise kurzen homiletischen (= die Gestaltung des religiösen Rituals wie z. B. einer Predigt betreffenden) Texte, die als Anisong bezeichnet werden, von ihrem Medium, dem Manuskript, das als rituelles Objekt verwendet wird, nicht zu trennen sind. Die Doppelfunktion von Anisong- Manuskripten als Textträger und als rituelle Objekte spiegeln sich in der laotischen Bezeichnung für Anisong, salòng (oft auch zu sòng verkürzt), wider, ein Khmer-Lehnwort, das sich auf die Feier verdienstvoller Taten bezieht, aber auch als Synonym für „das Gute“ schlechthin steht, also die „Verdienste“, die sich jemand erworben hat.

Ein höchst interessantes Ergebnis der Forschung von Dr. Silpsupa ist, dass die Manuskriptkultur Nordthailands eher archaische oder konservative Züge aufweist; und zweitens scheinen die Produktions- und Übermittlungsweisen von Manuskripten stärker dezentralisiert zu sein, was die multizentrische politische Struktur von Lan Na seit der Mitte des 16. Jahrhunderts widerspiegelt. Die Erkenntnisse aus Nordthailand sollen dann genutzt werden, um die laotischen Dokumente besser zu verstehen.

Die überwältigende Dominanz Luang Prabangs in der laotischen Manuskriptkultur, die sogar die Hauptstadt Vientiane überschattet, ist darauf zurückzuführen, dass die frühere Hauptstadt Luang Prabang bis heute nicht nur das Zentrum des laotischen Buddhismus blieb, sondern sich auch während der bedeutenden sozialen und politischen Veränderungen seit dem späten 19. Jahrhundert (siamesische Herrschaft, französischer Kolonialismus, Bürgerkrieg und sozialistische Revolution) aufgrund ihrer abgelegenen Lage besser behaupten und dadurch Traditionen bewahren konnte.

Die Autorin zeigt eine Reihe höchst interessanter Unterschiede zwischen den beiden Regionen in Bezug auf die Herstellung von Anisong- Manuskripten auf. Ihre innovative Studie bietet faszinierende Einblicke in die Herstellung, Verbreitung, Aufbewahrung und die Wiederverwendung von Anisong – Manuskripten. Von besonderem Interesse sind die Beweise, die auf die gängige Praxis der Weiterspende von Manuskripten hindeuten, die es Laien ermöglicht, sich an einem Schenkungsakt zu beteiligen, der nicht nur dem zweiten oder dritten Sponsor und Spender eines bereits produzierten Manuskripts Vorteile bringt, sondern auch die Wirkung des Manuskripts verlängert.

Prof. Dr. Justin McDaniel von der University of Pennsylvania, ein führender Gelehrter des thailändischen und laotischen Buddhismus, hat Inhalt und Bedeutung dieser akademischen Arbeit hoch gelobt und hält sie für „eine der besten Studien zu Manuskriptkulturen in der Region und eine unschätzbare Ressource für zukünftige Studenten und Wissenschaftler.“

Den Originaltext der englisch geschriebenen Rezension können Sie vollständig hier lesen:
http://www.phakinee.com/anisong-manuscript-and-rituals/

ศิลป์ศุภา แจ้งสว่าง Sinsupha Chaengsawang („Silpsupa Jaengsawang“): Beziehung zwischen Anisong-Manuskripten und Ritualen. Eine vergleichende Studie der Traditionen von Lan Na und Lao.Silpsupa Jaengsawang : Beziehung zwischen Anisong-Manuskripten und Ritualen. Eine vergleichende Studie der Traditionen von Lan Na und Lao. Segnitz: Zenos Verlag 2022. Taschenbuch, 525 Seiten, ca. 29,5 x 21 cm, 1200 g, ISBN 978-3-931018-44-3, 30 Euro.

Das Buch ist erschienen als vierter Band der Hamburger Thaiistik Studien , ISSN 2569-2879.

Bestellung beim Zenos Verlag, Brückengasse 2, 97340 Segnitz, Deutschland per E-Mail: 2[ät]zenos-verlag.de . Die Auslieferung innerhalb Deutschlands erfolgt bei Direktbestellung porto- und verpackungsfrei, bei Lieferung ins Ausland fallen die reinen Porto-Mehrkosten an.

Mehr zum Thema:

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http://www.phakinee.com/ตำราเรียนอักขระลานนาไท/ (Thai)
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