Zur Zeit schlagen Nachrichten über die Schweinegrippe hohe Wellen. Das ist verständlich, handelt es sich doch um eine bisher unbekannte Form der Virusgrippe, sie hat in ihrem Nachrichtenwert die vorher für Schlagzeilen sorgende Vogelgrippe (vorerst) abgelöst.
Ich glaube, daß es ganz hilfreich ist, die Virusgrippe als Erkrankung einmal ganz allgemein darzustellen. Die Symptome aller Unterformen der Virusgrippe („Subtypen“) ist nämlich relativ homogen.
Die einzelnen Subtypen der Virusgrippe unterscheiden sich maßgeblich durch das auslösende Virus.
Die Virusgrippe
wird – wie der Name schon sagt – durch Viren der Gattung Influenza-Virus ausgelöst.
Wichtig ist hier, die „echte“ Grippe nicht mit den gängigen jahreszeitlich gehäuft auftretenden Erkältungserkrankungen zu verwechseln. die häufig fälschlicherweise auch als grippale Infektionen bezeichnet werden. Diese meist recht harmlosen Erkältungskrankheiten müßten eigentlich allenfalls als „grippoide = grippeähnliche“ Erkrankungen bezeichnet werden, aber im allgemeinen Sprachgebrauch wird das oft gehudelt.
Dabei können auch diese Erkältungserkrankungen durch Viren ausgelöst sein, aber eben nicht durch Grippeviren der Influenza-Virus-Gattung!
Wodurch entstehen die unterschiedlichen Erkrankungsformen der Influenza-Virus-Grippe?
Viren verändern sich dauernd! Selbst Viren der gleichen Untergruppe haben nach nur einer Saison oft schon wieder ihre biochemischen Eigenschaften verändert, was zur Folge hat, daß der letztjährige Grippeimpfstoff bereits im Folgejahr wirkungslos geworden sein kann. Man muß also jedes Jahr einen neuen Impfstoff entwickeln – in der Hoffnung, daß der entwickelte Impfstoff bei den Viren dieser Saison auch tatsächlich wirksam ist.
Viren gleicher Familien können fieserweise untereinander Eigenschaften austauschen, wodurch neue Formen entstehen, die sich z.B. in der Schwere der ausgelösten Erkrankung ganz wesentlich unterscheiden.
Das heißt in der Praxis, daß die diesjährige Grippewelle kaum Opfer zu beklagen hat, während die Grippewelle im vorausgegangenen Jahr schwere Erkrankungen mit vielen Toten zur Folge hatte.
Welche Symptome beobachtet man bei den Influenza-Grippe-Arten?
Typisch ist der plötzliche Ausbruch der Erkrankung mit starkem allgemeinem Krankheitsgefühl, hohem Fieber, trockenem Husten, Kopf- und Gliederschmerzen und „zugeschwollener“ Nase. Übelkeit und Brechreiz beeinträchtigen das Befinden der Patienten zusätzlich.
Diese Symptome bleiben für ein bis zwei Wochen erhalten und klingen dann normalerweise allmählich wieder ab. Ein unbestimmtes „Schwächegefühl“ bleibt gelegentlich über mehrere weitere Wochen erhalten.
Auswirkungen der Influenza-Virus Grippe-Formen
Während jeder Grippewelle versterben zahlreiche Patienten! Das ist bei allen Formen dieser Grippeerkrankungen gleich und variiert in Abhängigkeit von der „Virulenz“(etwa: Schlagkraft) des aktuellen Virus.
Dabei leiden und versterben die betroffenen Patienten meist gar nicht an der Viruserkrankung selbst, sondern an den „aufgepfropften“ bakteriellen Infektionen etwa der Atemwege (Lungenentzündung), die aufgrund der grippebedingten Immunschwäche viel dramatischer ablaufen können als das üblicherweise der Fall ist! Die Todesursache ist also häufig die bakterielle Sepsis, der die Virusgrippe nur den Weg geebnet hat.
Jedes Jahr versterben also auch in Deutschland viel mehr Patienten an den Folgen einer Virusgrippe, als statistisch erfaßt wird. Die (bakterielle) Lungenentzündung überlagert die Grippe derartig, daß sie als eigentliche Ursache gar nicht mehr erfaßt wird. Nur selten macht man sich speziell bei alten und schon vorerkrankten Menschen die Mühe, der Todesursache bis zum letzten nachzugehen.
Neben der bakteriellen Lungenentzündungen könne aber auch andere bakterielle Erkrankungen im immungeschwächten Körper Fuß fassen, die ohne die grippebedingte Immunschwächung „keine Chance gehabt hätten“. Als Beispiel will ich hier die Bakterielle Hirnhautentzündung anführen.
Behandlung der Influenza-Virus-Grippe-Formen
Am besten ist natürlich, der Infektion vorzubeugen, also an Virusgrippe erkrankte Patienten zu meiden. Das ist leichter gesagt als getan, da man den Menschen bekanntlich nicht ansehen kann, ob sie ein Virus in sich tragen oder nicht. Man hat das Virus schon Tage – und scheidet es aus! – ehe die ersten Krankheitszeichen auftreten.
Über Tröpfcheninfektion – Husten und Niesen -, aber auch über Schmierinfektion verbreitet sich das Virus, das unangenehmerweise auch nach Austrocknen auf Flächen noch über längere Zeit aktiv bleibt.
Atemschutzmasken und regelmäßige Händedesinfektion bieten einen gewissen Schutz, solange die Masken oft genug ausgewechselt und die Hände oft genug gewaschen und desinfiziert werden.
Besser ist eine Schutzimpfung, wenn immer das möglich ist. Für die Schweinegrippe gibt es derzeit noch keinen Impfstoff.
Als Medikamente in der Frühphase der Grippeerkrankung – also in den ersten zwei bis drei Tagen – haben sich Präparate aus der Neuraminidase-Hemmer-Familie bewährt. Zur Zeit bekanntestes und wirksames Medikament ist das Oseltamivir, besser unter seinem Handelsnamen TAMIFLU bekannt.
Tamiflu kann auch zur Vorbeugung (üblicherweise als Kapsel) eingenommen werden. Hier ist vor allem etwa an das medizinische Personal gedacht, aber auch andere Risikogruppen kommen in Frage.
Vor einer kritiklosen generellen Einnahme von Tamiflu muß dringend gewarnt werden, weil die große Gefahr einer Virusmutation (Veränderung der biochemischen Struktur und Eigenschaften des Virus) besteht, das Medikament in der Folge also nicht mehr wirksam wäre.
Virusverbreitung in Thailand
Bei der Schweinegrippe handelt es sich längst um eine sogenannte Pandemie, das Virus ist also über die ganze Welt verbreitet, man kann sich überall anstecken, wo sich Menschen aufhalten. Folgerichtig gibt es die Schweinegrippe also auch in Thailand.
Macht es Sinn, nicht mehr nach Thailand zu fahren? Nein, kein Mensch kann einem garantieren, daß man nicht an dieser Grippeform erkrankt, wenn man zu Hause bleibt oder statt dessen in die Karibik reist (Welcome to Mexico).
Bei den meisten Pechvögeln, die an der Schweinegrippe tatsächlich erkranken, verläuft die Erkrankung relativ harmlos und heilt schließlich folgenlos aus. Prinzipiell kann man an jeder Erkältungsform versterben, wenn nur mehrere unglückbringende Faktoren zusammentreffen. Nur Menschen mit einer bekanntermaßen erheblich geschwächten Immunabwehr sollten einem Reiserisiko aus dem Weg gehen.
Für alle anderen gilt:
– Bei entsprechenden Krankheitszeichen an eine Grippe denken
– frühzeitig Tamiflu einnehmen – Antibiotika gegen bakterielle Begleitinfektionen einnehmen – Kontaktpersonen verständigen (die bei Virusnachweis [Virusschnelltest] Tamiflu einnehmen sollen)
– Immunschwächende Subtanzen (Alkohol in großen Mengen, Drogen, Nikotin) meiden
– Streß vermeiden (auch durchgefeierte Nächte sind für den Körper Streß!)
– offensichtlich an einer „Erkältungskrankheit“ erkrankten Menschen mit Abstand begegnen.
– sich aber sonst den verdienten Urlaub nicht vermiesen lassen!
Allen bereits erkrankten Menschen wünsche ich natürlich eine Gute Besserung
Dr. W. Kempf