steer. Wer war H. Manzooruddin Ahmad, der unter anderem 1942 das Buch „Thailand, Land der Freien“ veröffentlichte, ein noch heute gesuchtes Buch für Thailand-Freunde, das 1945 nochmals nachgedruckt wurde? Im Juni 2012 tauchte sein Name erstmals auf Thailand TIP Online auf, als wir über die Thaistudien-Konferenz aus Anlaß von über 150 Jahren Thai-deutscher diplomatischer Beziehungen berichteten. Damals referierte Professor Volker Grabowsky (Hamburg) über Autoren, die im Deutschen Reich zwischen 1925 und 1945 Bücher und Aufsätze über Thailand schrieben.
Von Ahmad wußte man damals nur, daß er Moslem und Judenhasser war, daß er deutsch schrieb, und offenbar beste Beziehungen zu höchsten nationalsozialistischen Kreisen hatte, da er Vizepräsident des Islamischen Zentralinstitut (IZI) Deutschlands war, einer Kreation von Propagandaminister Goebbels. Warum und wo er im Deutschen Reich lebte, war ebenso unbekannt wie sonstige biographische Details.
Sieben Jahre nach der genannten Konferenz löste TIP-Kolumnist Hans Michael Hensel nun einige Rätsel um diesen Autor. Fast 75 Jahre, nachdem Ahmad scheinbar spurlos aus Deutschland verschwand, schrieb er wieder einen Artikel über ihn. Er näherte sich diesem Autor, der außer seinem Thailand-Buch vor allem über seine Heimat Indien, aber auch über Tibet und Turkmenistan schrieb, in jahrelanger Kleinarbeit, und auch mit Hilfe der Expertin für die Beziehungen von Moslems und Nationalsozialisten in der Zeit des „Dritten Reichs“, Dr. Gerdien Jonker (Erlangen).
Der vollständige Artikel steht hier: Hafiz Manzooruddin Ahmad: Asienerklärer der Nationalsozialisten.
Am Thailand-Buch von Manzooruddin Ahmad seien vor allem zwei Dinge interessant, schreibt Hensel: Einerseits seine Tirade auf das angebliche Herrenvolk der Thais, das er den Ariern im fernen Deutschen Reich scheinbar gleichwertig schreiben will, andererseits aber auch durchaus interessante Informationen aus wenig bekannten Quellen, die man sonst nirgends auf Deutsch findet.
In Thailand. Land der Freien bejubelte Ahmad die offiziell in Thais umbenannten Siamesen regelrecht als „Herrenvolk“. Das war schon deshalb kein Wunder, weil Thailands Diktator Phibun damals in der Tat alles nur Denkbare tat, um mit den von ihm verehrten totalitären europäischen faschistischen und nationalsozialistischen Führern, vor allem mit Mussolini und Hitler, auf Augenhöhe zu sein. Eigens zu diesem Zweck hatte Phibun, in dessen Amtszimmer eine Büste von Mussolini stand und dessen Jugendorganisationen beste Beziehungen zur Hitlerjugend pflegten, zum Beispiel „Heil“ (= „Sawatdi“, wie zum Beispiel in สวัสดีพิบูล „Sawatdi Phibun“, dem thailändischen „HeiI HitIer“) als neuen Gruß und Chaiyo! (ไชโย) als zeitgemäßes „Hurra!“ nach europäischen Vorbild eingeführt. Beide Schöpfungen nach dem Willen des keineswegs unbeliebten Diktators, der von einem „Groß-Thailand“ träumte, sind noch heute in in dem Land die Norm.
Interessant ist auch, daß Manzooruddin Ahmad zur Zeit der Niederschrift des Thailand-Buches, also um 1940, keinen besonderen Unterschied zwischen den politischen Absichten der damaligen politischen Gegenspieler Pridi Phanomyong und dem Diktator Phibun sah. Zu den Groß-Thailand Träumen des Diktators zitiert Hensel aus Ahmads Buch diese Stelle:
Die Thai erscheinen […] als ein Herrenvolk. Die Eigenschaften des Herrenvolkes befähigen sie, die Führung anderer, „geringerer Völker“ zu übernehmen und sie zu Staatsvölkern umzuschmelzen. […] In jahrhundertelangen, wechselvollen Kämpfen behauptet sich das von den Thai geführte und geformte Volkstum immer wieder gegen seine mächtigen Rivalen im Osten und Westen […] Entwicklungen, die im 17. Jahrhundert angebahnt wurden, setzen sich heute mit überraschender Schnelligkeit durch. Noch ist Thailand ein Objekt dieser Entwicklungen, aber alle Voraussetzungen liegen vor, dass es aus seiner Enge wieder hervortritt und die Aufgaben übernimmt, die Japan auf die Dauer in diesem Teile Asiens nicht übernehmen kann. (Hier ist noch mehr davon nachzulesen.)
H. Manzooruddin Ahmad, wie sein Name auf dem mit Lai Thai kunstvoll verzierten Einband seines Thailand-Buches stand, war Mohammedaner aus dem damaligen Britisch-Indien. Erstmals taucht er als Student in der Liste der Islamischen Gemeinde Berlin im Registeramt des Jahres 1923 auf. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg ist sein Name in Deutschland aktenkundig; meist lebte er wohl im Raum Berlin. Er soll Berichterstatter für indische Zeitschriften gewesen sein, wie man Verlagsangaben entnehmen kann. Sein bekanntestes Buch, das bereits 1937 als Geheimnisvolles Indien? gedruckte und 1942 völlig neu bearbeitet nochmals herausgegebene Indien ohne Wunder widmete er seiner Frau. Sie wird nicht namentlich genannt, war aber vermutlich eine Deutsche, da beinahe alle Inder, die auch während des Krieges im Deutschen Reich blieben, mit Deutschen verheiratet waren.
Nach Auskunft des Imams der ältesten Moschee in Deutschland, Amir Aziz, sei Ahmad Mitglied der Wilmersdorfer Moscheegemeinde gewesen, wofür er aber auf Nachfrage keine Unterlagen nannte. Eher als Beweis des Gegenteils, also daß Manzooruddin Ahmad dort nicht Mitglied war, taucht sein Name in den jährlichen Sitzungsprotokollen nie auf.
Die Moschee führte allerdings Buch über diejenigen Mohammedaner, die den Krieg überlebt hatten. In dieser Liste steht er: Hafiz Manzooruddin Ahmad, Grazer Platz 23, Friedenau, Telefon 71 28 77. Die Adresse, eine bevorzugte Wohngegend direkt an der 1907 gegründeten Kleingartenkolonie Grüne Aue, und die Telefonnummer deuten immerhin darauf hin, daß es ihm während des Krieges wohl vergleichsweise gut gegangen war, bevor der überzeugte Propagandist im Sinne der Nationalsozialisten offenbar noch vor der Unabhängigkeit Indiens unbehelligt nach London zog und dort untertauchte.
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Ausführlicher Artikel: http://www.hmhensel.com/hafiz-manzooruddin-ahmad/
TIP Bericht über die Thaistudienkonferenz 2012: http://thailandtip.info/2012/07/12/wie-sich-thais-und-deutsche-sehen-1/