Kambodschas Selbstgefälligkeit mit dem Coronavirus könnte eine weltweite Belastung bedeuten

Kambodschas Selbstgefälligkeit mit dem Coronavirus könnte eine weltweite Belastung bedeuten

SIHANOUKVILLE, Kambotscha. Kambodschas Selbstgefälligkeit mit dem Coronavirus könnte eine weltweite Belastung bedeuten, berichten die internationalen Medien. Als der kambodschanische Premierminister am Valentinstag die Passagiere auf dem Kreuzfahrtschiff MS Westerdam inmitten einer Coronavirus Epidemie begrüßte, waren Umarmungen und Händeschütteln an der Tagesordnung. Schutzmasken wurden dabei allerdings nicht getragen.

Nicht nur Premierminister Hun Sen trug keine Schutzmasken, sondern er versicherte auch dass das gesamte Schiff virenfrei sei. Laut den Angaben in den Medien befahlen seine Leibwächter den Menschen, die extra ihre Masken aufgesetzt hatten, sie wieder abzunehmen.

Am nächsten Tag verzichtete auch der US-Botschafter in Kambodscha, W. Patrick Murphy, der seine eigene Familie mitbrachte, um die vom Schiff strömenden Passagiere zu begrüßen, auf eine Maske.

„Wir sind sehr, sehr dankbar dafür, dass Kambodscha seine Häfen und Türen buchstäblich für die Menschen in ihrer Not geöffnet hat“, sagte Murphy gegenüber der lokalen Presse.

Nachdem Hunderte von Passagieren bereits von Bord gegangen waren, wurde einer später positiv auf das Coronavirus getestet. Jetzt befürchten die Gesundheitsbeamten, dass Kambodscha seine Türen für den Ausbruch geöffnet hat und dass die Welt dafür einen hohen Preis zahlen könnte, wenn die Passagiere vom Kreuzfahrtschiff MS Westerdam wieder nach Hause strömen.

Bevor die Westerdam in Sihanoukville anlegte, hatten die ängstlichen Regierungen in anderen Ländern das Schiff bereits an fünf anderen Anlaufhäfen abgewiesen, obwohl der Kreuzfahrtanbieter Holland America den Beamten versicherte, dass die Passagiere des Schiffes sorgfältig überprüft worden waren.

Die Entscheidung von Premierminister Hun Sen, den Eintritt nach Kambodscha zuzulassen, schien ebenso wie alles andere ein politischer Kalkül zu sein. Er ist nicht nur der Dienstälteste Herrscher der Region, sondern gleichzeitig auch noch ein enger Verbündeter Chinas. Er ist bekannt für seine Überlebensfähigkeiten, berichten die Medien.

Dagegen befürchten die Kritiker von Hun Sen jedoch, dass der alternde Autokrat vorschnell gehandelt haben könnte.

„Natürlich musste er das Diktator Ding machen: zahlreiche Fotos, Rosen verteilen, und die Sache für seine eigene Persönlichkeit und Bekanntschaft bis zu seinen maximalen Wert nutzen“, sagte Sophal Ear, ein Experte für kambodschanische Politik am Occidental College. „Was auch immer im besten Interesse der Kambodschaner ist, ist für ihn dagegen völlig irrelevant“, fügte er hinzu.

Es ist noch zu früh zu sagen, ob die Entscheidung, Hunderte von Passagieren von der MS Westerdam abfliegen zu lassen, das Zeug zu einer epidemiologischen Katastrophe hat. Die kambodschanischen Gesundheitsbehörden gaben an, dass 409 der 2.257 Passagiere und Besatzungsmitglieder Kambodscha verlassen hatten, um zu ihren Häusern auf der ganzen Welt zurück zu fahren. Der Rest verbleibt in Hotels in der Hauptstadt Phnom Penh, oder aber weiter auf dem Schiff.

Aber Mängel beim Screening auf das Coronavirus an Bord des Schiffes sowie die anhaltende Selbstzufriedenheit über die Epidemie in Kambodscha lassen Befürchtungen aufkommen, dass sich diese kleine südostasiatische Nation als überraschender Übertragungsvektor für ein Virus erweisen könnte, das bereits bis heute (18. Februar) mehr als 1.870 Menschen getötet hat, vor allem in China, dem Epizentrum des Ausbruchs.

Viele Gesundheitsexperten fordern die Menschen, die seit 14 Tagen mit Coronavirus Patienten in Kontakt stehen auf, sich Sicherheitshalber selbst unter Quarantäne zu stellen, damit sie dem Ansteckungsnetzwerk keine weitere Nahrung hinzufügen.

Aber am Montag wies Hun Sen die Beamten in Phnom Penh an, Passagiere aus der Westerdam zu einem Sightseeing Ausflug einzuladen.

„Eine Tour durch die Stadt ist besser als ein Aufenthalt in einem Zimmer oder im Hotel. Langeweile oder Angst“, heißt es in einem Beitrag auf der Facebook Seite von Premierminister Hun Sen.

Die mangelnde Dringlichkeit in Kambodscha, wo Beamte am Montag ohne Schutz um das Schiff herumliefen, deutet auf die Hindernisse bei dem Versuch hin, ein Virus einzudämmen, von dem Experten warnen, dass es sich schneller ausbreitet als SARS (schweres akutes respiratorisches Syndrom) oder MERS (nahöstliches respiratorisches Syndrom). .

„Dies ist eine grippeähnliche Übertragung“, sagte Michael Osterholm, Direktor des Zentrums für Forschung und Politik im Bereich Infektionskrankheiten an der Universität von Minnesota. „Es ist wie der Versuch, den Wind aufzuhalten“, betonte er.

Letzte Woche, als die MS Westerdam in Sihanoukville anlegte, hielten die kambodschanische Regierung und das Kreuzfahrtunternehmen das Schiff für virenfrei.

Diese Erklärung war zu mindestens verfrüht, berichtet die Bangkok Post.

Nur 20 der 2.257 Personen an Bord wurden vor dem Aussteigen auf das Virus getestet, und das lag nur daran, dass sie sich selber freiwillig gemeldet hatten, bevor medizinisches Personal an Bord geschickt wurde, um die verschiedenen Beschwerden der Passagiere zu untersuchen.

Die Frau, die zweimal positiv getestet wurde, nachdem sie nach Malaysia gereist war, eine 83-jährige Amerikanerin. Sie war allerdings nicht unter diesen 20, sagte die Reederei Holland America.

Die Gesundheitsüberwachung für den Rest der Passagiere beschränkte sich auf eine Handvoll Temperaturprüfungen, die mit Infrarot Thermometern durchgeführt wurden. In einer Erklärung gegenüber den Medien sagte Holland America, dass während eines dieser Screenings keine einzige Person an Bord eine erhöhte Temperatur aufzeichnete.

Am Montag warnte eine Ankündigung an die Passagiere, die auf der Westerdam verblieben waren, dass sie das heiße Deck des Schiffes meiden und in ihre klimatisierten Räume zurückkehren sollten, um falsch hohe Temperaturwerte zu vermeiden.

Einige Gesundheitsexperten haben die Wirksamkeit von Infrarot Thermometern, die auch als Temperaturpistolen bezeichnet werden, in Frage gestellt und behaupten, sie messen eher die von der Körperoberfläche ausgehende Wärme als die tatsächliche Körpertemperatur.

Verschiedene Umweltfaktoren können sogar das Ablesen der Thermometerpistole verzerren, sagte Gary Strahan, der eine kleine Firma für Infrarotgeräte in Texas betreibt.

„In Kambodscha haben Sie wesentlich wärmere Hintergrundtemperaturen“, sagte er. „Es könnte sich dadurch auch auf die Messung auswirken. Das ist das Problem bei jedem berührungslosen Thermometer“, fügte er weiter hinzu.

Selbst wenn die Temperaturen genau gemessen werden, nehmen Menschen möglicherweise Medikamente ein, die ihre Temperatur senken, wie z. B. einige Arthritis Medikamente.

Und auf jeden Fall können Menschen, die asymptomatisch sind, das Coronavirus weitergeben, haben Wissenschaftler herausgefunden.

„Eine Person, die sich nicht als fiebrig darstellt, ist nicht unbedingt nicht mit einer Krankheit oder einem Virus infiziert“, sagte Jim Seffrin, Experte für Infrarotgeräte am Infraspection Institute in New Jersey.

Nach dem positiven Test in Malaysia sagten kambodschanische Gesundheitsbeamte, sie würden sich auf ein inländisches Labor verlassen, um alle noch im Land befindlichen Passagiere und Besatzungsmitglieder auf das Coronavirus zu testen.

Am Montagabend feierten die Passagiere die Nachricht der kambodschanischen Gesundheitsbehörden, dass eine erste Gruppe von 406 Personen in Phnom Penh negativ getestet worden war, obwohl es keine Gewissheit gab, dass sie später nicht positiv testen würden.

„Die Leute auf dem Schiff sind den Menschen in Kambodscha sehr dankbar“, sagte Tammie Graves, eine Amerikanerin aus Kansas. „Ich hatte ein bisschen Angst, dass sie Angst vor uns haben könnten, sogar im Hotel, aber so war es überhaupt nicht“, sagte sie.

Am Montagnachmittag nahmen mehr als 100 Passagiere der MS Westerdam das Angebot von Hun Sen für eine Tour durch die Stadt an und stapelten sich in Bussen, um den königlichen Palast und andere Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.

Auf Bildern der Exkursion, die auf einer von der Regierung verlinkten Website veröffentlicht wurden, ist nur eine einzige Person mit einer Maske zu sehen.

Trotz der akuten Fälle von Coronaviren in Südostasien hat Hun Sen gegen die Masken gekämpft und damit argumentiert, dass sie die Angst besser verbreiten können als die Keime wirklich zu stoppen. Auf einer Pressekonferenz im letzten Monat kündigte er sogar an, dass er jeden rausschmeißen würde, der es wagen würde, eine Maske zu tragen.

Während andere Regierungen Reiseverbote gegen Passagiere aus China einführten, die Peking verärgerten, reiste Hun Sen in die chinesische Hauptstadt und traf sich mit Xi Jinping, Chinas Führer, in einem weiteren Fototermin.

Und als andere Länder Luftbrücken von Menschen organisierten, die in Wuhan, der Stadt, in der das Virus vermutlich entstanden sein soll, gefangen waren, sagte Hun Sen, er würde kambodschanische Studenten nicht nach Hause bringen, weil sie sich „mit den Chinesen zusammenschließen sollten, um diese Krankheit zu bekämpfen“.

Das Gefühl der Solidarität ist in einem Land sinnvoll, dessen Vermögen stark von China abhängig ist, nachdem es einem Westen den Rücken gekehrt hat, der als Gegenleistung für Hilfe und Investitionen Fortschritte bei den Menschenrechten forderte.

Ein Strom chinesischen Geldes hat Kambodscha neu gemacht, und das nirgendwo mehr als in Sihanoukville, einer einst verschlafenen Strandstadt, die heute eine weitläufige Baustelle aus vergoldeten Kasinos und hoch aufragenden Wohnblöcken ist. Mehr als 90 % der Unternehmen in der Stadt befinden sich mittlerweile in chinesischem Besitz.

Am Montag machte sich Oeun Yen, eine Masseuse vor Ort, Sorgen über die Massagen, die sie drei weiblichen Passagieren auf der MS Westerdam gegeben hatte, bevor der Virusfall von Malaysia bestätigt wurde. Sie habe zunächst keine Angst, sagte sie, weil der Premierminister den Menschen versichert habe, dass alles in Ordnung sei.

„Jetzt bin ich allerdings doch mehr besorgt“, sagte sie.

In einem Land, in dem Hun Sen die größte Oppositionspartei aufgelöst hat und die politische Ermordung keine Seltenheit ist, ist diese milde Besorgnis so groß, wie viele normale Einwohner bereit sind, sie aufzubringen.

Aber es gibt auch eine weit verbreitete Skepsis gegenüber der Behauptung der Regierung, dass nur eine Person in Kambodscha positiv auf Coronavirus getestet wurde, einen chinesischen Staatsbürger, der inzwischen ebenfalls schon wieder nach Hause zurückgekehrt ist.

„Es gibt einen natürlichen Mangel an Glaubwürdigkeit und Vertrauen in der kambodschanischen Regierung“, sagte Ou Virak, ein Menschenrechtsaktivist und Gründer des Future Forum, einer lokalen Denkfabrik. „Dies ist das Westerdam Problem von Hun Sen, denn selbst wenn er das Richtige getan hat, nur als humanitärer Helfer, wird er stattdessen als Marionette Chinas angesehen“, fügte er hinzu.

Am Montag kündigte Hun Sen einen weiteren Werbegag an: Er möchte die Passagiere der MS Westerdam zu einer Party einladen. Masken sind auf dieser Party allerdings nicht willkommen, berichten die Medien.

 

  • Quelle: Bangkok Post