Bangkok. Dass die Regierung in Thailand das Internet überwacht und am liebsten alles kontrollieren und bestimmen möchte, dürfte den meisten Internet-Nutzern bekannt sein. Gerade in den letzten Wochen hat die Junta gezeigt, dass sie keinen Spaß versteht und ein einfaches „Like“ auf Facebook schon die Freifahrkarte für einen Gefängnis Aufenthalt sein kann.
Aufgrund des Artikels 44 und der absoluten Macht braucht die Junta dafür weder die Polizei, noch einen Gerichtsbeschluss, um gegen alles und jeden vorgehen zu können. Jetzt will die Regierung mit einem neuen bzw. erweiterten Computer-Kriminalitäts-Gesetz die Daumenschrauben bis über die Schmerzgrenze weiter anziehen.
Um heute nach thailändischem Recht im Internet straffällig zu werden, reicht im Prinzip schon eine öffentlich geäußerte Meinung. Dazu reicht es zumindest hier in Thailand schon aus, wenn Sie bei einem entsprechend negativen oder auch nur satirischen Kommentar auf Facebook ein „Like“ anklicken.
Diese Erfahrung musste kürzlich auch der ehemalige Haussprecher und Rektor der Rangsit Universität, Dr. Arthit Urairat machen. Nachdem die Junta in einer Kabinettsitzung eine Umbildung des Polizeiapparats und entsprechende Entlassungen bzw. „Umsetzen auf einen inaktiven Posten“ angekündigt hatte, äußerste sich Dr. Arthit wenig schmeichelhaft über die thailändische Polizei. Natürlich dürfen wir seine Worte bzw. seinen Text NICHT wiederholen. Alleine das wäre ebenfalls schon strafbar.
Jedenfalls mischte sich der Polizeichef persönlich in die Angelegenheit ein und gab bekannt, dass er Dr. Arthit aufgrund des Computer-Kriminalitäts-Gesetz Artikel 14 verfolgen würde. Außerdem plant der Polizeichef einen Ausschuss einzurichten der klären soll, ob die Kommentare von Dr. Arthit nicht sogar schon eine Verleumdung darstellen.
Artikel 14 des Computer-Kriminalitäts-Gesetzes beinhaltet die „Eingabe von Fehlinformationen in ein Computersystem“. Zuwiderhandlung gegen den Artikel 14 kann mit einer Höchststrafe von fünf Jahren und nicht wie bisher immer gemeldet, mit zehn Jahren bestraft werden. Dazu zählen alle „unwahren Informationen“ die in ein Computersystem eingegeben werden und dadurch einem dritten oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Anstatt dieses Gesetz aber wirklich gegen Cyber-Kriminelle zu nutzen, oder um die Öffentlichkeit zu schützen, wird der Artikel 14 von der Junta genutzt, um eventuelle Abweichler vom geplanten System zu verfolgen und zum Schweigen zu bringen.
Das traurige daran ist, dass die neue Erweiterung des Gesetzes nichts dagegen tut, um diese Möglichkeiten auszuschließen. Ganz im Gegenteil: Es gibt viele weitere Klauseln, die das Gesetz noch stärker und umfangreicher macht.
Artikel 20 Absatz 4 ermöglicht jetzt die Sperrung von Informationen die nicht illegal sind, aber den Frieden oder die guten Sitten beeinflussen können. Das letzte Wort zum Artikel 20 Absatz 4 hat dann ein Ausschuss, der vom zuständigen Minister ernannt wird. Dieser Ausschuss soll dann das Gesetz beaufsichtigen.
Mit anderen Worten: Auch der Ausschuss hat nun die Absolute Macht und kann das Internet nach Belieben und ohne Rechtsweg oder Aufsicht zensieren. Es geht aber noch weiter.
Der zuständige Minister kann nun auch die Webmaster dazu zwingen, alle möglichen Informationen auf ihrer Webseite zu löschen oder entsprechende Kommentare zu löschen. Sollte dies nicht geschehen, drohen nun auch dem Betreiber einer Website Gefängnisstrafen.
Weiterhin könnte der Artikel so ausgelegt werden, dass die Betreiber von entsprechenden Webseiten, selbst wenn sie per SSL verschlüsselt sind, den Behörden eine Hintertür zu ihrer Software einrichten und preisgeben müssen. Diese Auswirkungen betreffen nicht nur persönliche Webseiten, sondern alle, also auch E-Commerce Seiten bis hin zu den Webseiten von Banken.
Dabei sei nur am Rande erwähnt, dass gerade viele offizielle Webseiten der Behörden in Thailand als sehr unsicher und als Virenverseucht gelten. Wie diese Behörden dann mit sicheren verschlüsselten fremden Webseiten klarkommen wollen, wäre dann die nächste Frage.
Als nächstes wurde auch Artikel 16, der vielen unter dem Begriff „Photoshop-Klausel“ bekannt ist, erweitert. Es ist verboten, zu einem Verbrechen oder sonstigen Anlässen gefälschte oder veränderte Bilder ins Netz zu stellen. Dazu wurde Artikel 16 Absatz 2 erweitert. Jeder, der „nur“ solche Bilder besitzt, (sie also nicht selber veröffentlicht hat) kann ebenfalls dafür bestraft werden.
Demnach ist also alleine schon der Besitz dieser Bilder, auch wenn sie nicht selber produziert oder auf andere Computer verbreitet wurden, strafbar und fällt damit ebenfalls wieder unter den Artikel 14. Dazu gehören aber nicht nur Bilder sondern auch alle Texte oder sonstige Informationen, die sie auf ihrem Computer gespeichert haben.
Sollte das Gesetz genehmigt werden, wird es für Journalisten oder Whistleblower fast unmöglich, weiter zu arbeiten. Ebenso betroffen sind davon alle Betreiber von Webseiten, auf denen entsprechende Kommentare gespeichert oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dazu reicht es ebenfalls schon aus, wenn ihnen irgendein Fremder eine entsprechende E-Mail oder Nachricht sendet, in der eine dritte Person kritisiert wird. Selbst wenn sie also ungewollt eine solche Spam-nachricht erhalten, könnten sie sich schon strafbar machen.
Bisher war es nur dann strafbar, wenn sie in der Öffentlichkeit behauptet haben, 1+1 = 3. Wenn das neue Gesetz in Kraft tritt, machen sie sich also ebenfalls schon strafbar, wenn sie innerhalb ihrer eigenen vier Wände behaupten, 1+1 = 3.
Wir können also nur jedem empfehlen, in Zukunft lieber dreimal nachzudenken, bevor sie Bilder oder Kommentare im Internet oder sonst irgendwo verbreiten.
- Quelle: TelecomAsia