Wer ist der peinlichste Brite? – Ein Kommentar

Dazu gehörten Kolumnisten in „The Nation“, der Außenminister, der sich schriftlich bei dem Chefredakteur des „Economist“ beschwerte, als auch ein ehemaliger Außenminister, der einen offenen Brief in der „Bangkok Post“ veröffentlichte.

Ausländer sollten weder Politik, Kultur noch Monarchie Thailands bewerten, lautete der Tenor. Ferner wurde darauf hingewiesen, daß es das Gesetz, das Majestätsbeleidigung unter Strafe stellt, gebe, um die Monarchie zu schützen.

Ferner würde das Gesetz kaum angewandt, die Angeklagten oft begnadigt. Daraus leitet sich natürlich die Frage ab, weshalb es das Gesetz überhaupt gibt, wenn es denn gar nicht angewandt wird. Weshalb ist dieses Gesetz notwendig, wenn man auch andere rechtliche Schritte gegen Majestätsbeleidiger einleiten könnte?

Was würde ohne dieses Gesetz passieren? Würden die Mauern von Jericho ein weiteres Mal einstürzen? Würde die thailändische Zivilisation aufhören, zu existieren? Würden die Thais dann nicht mehr ihre Monarchie lieben?

In Großbritannien, mit einer Königin, die nach dem König von Thailand weltweit auf die zweilängste Herrschaft zurückblicken kann, gibt es Leute, die ihre Monarchie ebenso lieben wie sie gleichzeitig Gesetze zum Schutz der Monarchie ablehnen. Sie würden ein entsprechendes Gesetz als feudal bezeichnen, es schränkt die Meinungsfreiheit ein und richtet sich gegen die freiheitlich-demokratischen Grundrechte eines jeden Briten.

Und genau das ist der Punkt. Die Briten lieben es, ihre Monarchie zu kritisieren. Gleichzeitig lieben sie aber ihre Monarchie und sind stolz auf das Königshaus. Das eine schließt das andere nicht aus. Rückblickend muß gesagt werden, daß die britische Monarchie überlebt hat, weil sie sich auf Volkes Stimme einstellen konnte. Und damit kommen wir zu einem Artikel in der letzten Sonntagsausgabe des „Independent“ mit der Schlagzeile „Die 50 peinlichsten Briten 2008“. Auf Platz 1 steht der zweite Sohn der Königin, Prinz Andrew. Er sei laut dem Zeitungsartikel „wie ein nichtsnutziger Manager, dem man nicht kündigen kann und daher ‚spezielle Projekte’ überträgt, die gar nicht existieren.“

Ich bin sicher, die meisten Thais wären entsetzt, wenn solch ein satirischer Artikel über ein Familienmitglied des Königshauses in der Presse erscheint. Der Autor würde verhaftet und abgeurteilt werden und müßte sein Dasein im tiefsten und dunkelsten Kerker des Landes fristen, die Gefängniswärter wären die verrücktesten PAD-Wachmänner, die man finden könnte.

In Großbritannien ist das natürlich anders. Falls sich Prinz Andrew von dem Artikel im „Independent“ angegriffen fühlen sollte, könnte er den Rechtsweg beschreiten und den Zeitungsverlag wegen Verleumdung verklagen. Vermutlich aber hat er über den Artikel genauso gelacht wie alle anderen.

Der Punkt ist, daß der Artikel im „Independent“ über die 50 peinlichsten Briten zeigt, wie eine funktionierende konstitutionelle Monarchie aussieht, in der es kein Gesetz über Majestätsbeleidigung gibt.

Trotz der Veröffentlichung dieses spöttischen Artikels werden die Mitglieder des Königshauses nachts geruhsam in ihren Betten schlafen, und die britische Monarchie und die britische Zivilisation werden auch noch am nächsten Tag vorhanden sein. Dudeist