Regierung ruft zur Versöhnung auf

Die Proteste der Rothemden sind verebbt, doch Thailand ist gespalten. In einer Fernsehansprache hat sich nun Ministerpräsident Abhisit an das Volk gewandt und für Versöhnung geworben. Von Neuwahlen, wie die Oppositionellen sie fordern, und die er zunächst für November angekündigt hatte, sprach er aber nicht.

Abhisit will das Land nun mit einem fünf Punkte umfassenden Schlichtungsplan befrieden. „Wir leben doch alle in demselben Haus. Nun, da unser Heim beschädigt ist, müssen wir einander helfen“, appellierte er in einer landesweit ausgestrahlten Fernsehansprache an die Bürger.

Weit wichtiger als die Wiederherstellung der Infrastruktur und der Aufbau von Gebäuden sei es, die seelischen Wunden zu heilen und die Eintracht unter den Thais wieder herzustellen, sagte er. Die jüngste Gewalt sei „eine der schlimmsten Episoden, die Thailand je erlebt hat“.

Das ganze Land solle in fünf Schritten zur Normalität zurückgeführt werden. Der Plan umfaßt Medienreformen und den Abbau sozialer und wirtschaftlicher Ungleichgewichte.

Auf die Hauptforderung der Oppositionellen nach vorgezogenen Neuwahlen ging Abhisit aber nicht ein. Diese hatte er auf dem Höhepunkt der Demonstrationen für den 14. November in Aussicht gestellt.

Finanzminister Korn Chatikavanij erklärte, die nötige Sicherheit für Wahlen sei gegenwärtig nicht gewährleistet. „Erst müssen sich die erhitzten Gemüter wieder soweit beruhigen, damit die Kandidaten aller Parteien einen sicheren Wahlkampf im ganzen Land führen können.“

Angesichts der zahlreichen Toten und Verletzten während der Proteste, kündigte Abhisit eine unabhängige Untersuchung aller Ereignisse an. Details dazu nannte er nicht.

Während der zweimonatigen Unruhen kamen mehr als 80 Menschen ums Leben, 1800 wurden verletzt. Bei den meisten Toten handelt es sich um Zivilisten. Nach wochenlangen Protesten mit Besetzung eines wichtigen Geschäftsviertels war die Armee am 19. Mai gegen die Demonstranten vorgerückt. Die Anführer der oppositionellen Rothemden ergaben sich. Enttäuschte Rothemden zogen daraufhin randalierend durch die Straßen und setzten mindestens 35 Gebäude in Brand.

Bei den Aufräumarbeiten im geräumten Lager der Demonstranten fanden Polizei und Armee nach eigenen Angaben jede Menge Waffen, darunter Granaten und Maschinengewehre. In einem Hotel seien mit Sprengstoff versehene Gaskanister gefunden worden, berichtete die Zeitung „Bangkok Post“ unter Berufung auf einen Militärsprecher.

Premierminister Abhisits Generalsekretär Korbsak sprach am 21. Mai von sechs bis sieben Millionen Rothemden, die es in Thailand gebe. „Wir glauben, daß sie ruhiger sein werden, wenn die Politiker glücklich sind.“

Thailands Regierung erwägt deshalb anscheinend, 200 Bürgern des Landes, die in den vergangenen Jahren für fünf Jahre aus der Politik verbannt wurden, eine vorzeitige Amnestie zu gewähren. Thailands Regierung sei allerdings nicht bereit, dem vertriebenen ehemaligen Premierminister Thaksin die straffreie Rückkehr ins Land zu erlauben.

Unterdessen wurde in der ausgebrannten Ruine des Central-World-Einkaufszentrums ein schrecklicher Fund gemacht: Nach Medienberichten wurden dort am 21. Mai neun Leichen entdeckt. Kurze Zeit später wurde diese Meldung aber korrigiert, man habe nur eine Leiche gefunden. Die Feuerwehr machte keine Angaben über die Todesursache.

Frustrierte Rothemden hatten das Gebäude am 19. Mai aus Protest gegen die Militäraktion in Brand gesteckt. Es war ausgebrannt und teilweise eingestürzt.Das Central wurde so stark beschädigt, daß es möglicherweise abgerissen werden muß.

Aus Sorge vor weiteren Ausschreitungen hielten die Behörden eine nächtliche Ausgangssperre aufrecht, die für 23 Provinzen gilt. Nur in Pattaya wurde wegen der Intervention der dortigen Polizei die Ausgangssperre am 21. Mai aufgehoben – diese Ausnahmeregelung gilt aber nicht für Chonburi, sondern nur für Pattaya City.

Die deutsche Botschaft will am 24. Mai ihre Pforten für den Publikumsverkehr wieder öffnen. spon, bz, Reuters