Thailändische Beerenpflücker in Finnland reichen Beschwerde wegen Menschenhandel ein

pch Helsinki/Bangkok. Wie die CHIANGRAI TIMES berichtet, hat eine Gruppe von etwa 50 Beerenpflückern aus Thailand, die in Saarijärvi, Finnland, arbeiten, eine Strafanzeige bei der Polizei gegen ihren Arbeitgeber eingereicht.

In diesem Jahr erhielten rund 4.000 Pflücker Visa für die Saisonarbeit in Finnland. Die Gruppe der thailändischen Beerenpflücker wird vom Menschenrechtsanwalt Ville Hoikkala vertreten.

„Nach Aussagen der Pflücker wurde ihnen Geld von dem Unternehmen „Sotkamo Ber-Ex Oy“ in Thailand zu sehr hohen Zinsen geliehen, um ihr Ticket nach Finnland zu kaufen. Danach kamen sie um Beeren zu pflücken und mit dem Verkauf dieser Beeren ihre Schulden zu tilgen und um Geld mit nach Hause nehmen zu können“, erläuterte Herr Hoikkala.

Die Saisonarbeiter fürchten nun, dass sie nicht in der Lage sein werden, ihre Schulden beim Unternehmen zu begleichen. Denn die Ernteerträge in diesem Gebiet reichen nicht aus, um genügend Geld zu verdienen. „Sie glauben, dass sie in Thailand falsch informiert wurden über die Möglichkeiten, in Finnland Geld zu verdienen“, sagte Anwalt Hoikkala.

Kari Jansa, Chief Executive von Ber-Ex widerspricht den Anschuldigungen und Forderungen der Pflücker.  „Die Beerenpflücker haben in Gebieten gearbeitet, wo die Ernte schon vorbei war oder es noch zu früh fürs Pflücken war. Es gab auch widersprüchliche Informationen von Ber-Ex über die Höhe der Geldbeträge, dass die Arbeiter dem Unternehmen schulden“, fügte der Anwalt hinzu.

Der Anwalt erklärte, dass Ber-Ex Vertreter bei den Bewerbungen den Eindruck vermitteln, dass die Pflücker einen Arbeitsvertrag erhalten würden. Doch sie haben keine Arbeitsverträge.

„Denn die Beerenpflücker unterliegen einem grundlegenden Irrtum. Nach finnischem Recht sind sie nicht Mitarbeiter, sondern Unternehmer. Wenn sie Beeren pflücken, sind sie die Eigentümer der Ware, die sie dann auf eigene Rechnung verkaufen. Aufgrund dieser Rechtslage können sie sich nicht auf den Schutz der Rechte als Arbeitnehmer berufen“, erklärte Herr Hoikkala.

„Doch die Situation ergab, dass der Vorwurf auf Menschenhandel untersucht wird. Die Polizei hier in Saarijärvi hat professionell gehandelt und die Untersuchung wird zweifellos eine Herausforderung sein“, fügte er hinzu. Die Beerenpflücker haben jegliche Zusammenarbeit mit Ber-Ex beendet.

Die Definition des Delikts könnte sich ändern. Die Polizei von Kainuu bearbeitet die Strafanzeige, weil das Unternehmen für die Rekrutierung der Beerenpflücker aus Thailand in Sotkamo beheimatet ist. Und die Pflücker werden in Finnland bleiben, zumindest so lange, bis die Polizei eine offizielle Stellungnahme abgibt.

Weiter sagte die Polizei in Kainuu, dass sie im Moment daran arbeitet, die genaue Art des angeblichen Verbrechens zu bestimmen. Sie fügte hinzu, dass der Begriff Menschenhandel anhand der Untersuchungen eventuell wegfällt. Zudem ist die Polizei nicht in der Lage zu sagen, ob sie alle Beschwerdeführer befragen muss oder ob es genügt, einzelne Aussagen zu überprüfen.

Aber warum braucht Finnland den Beerenpflücker? Denn thailändische Beerenpflücker lösen gemischte Gefühle in Kainuu aus. Das Unternehmen Kiantama, das thailändische Pflücker in die Region Kainuu bringt, erhält immer wieder Beschwerden von Anwohnern, und dabei sind einige von ihnen scharf formuliert.

„Wir bekommen Kommentare wie: Es wäre besser, die Beeren im Wald zu belassen, als diese Farbigen hier zu haben, die sie einsammeln“. „Es gibt sicherlich Anzeichen von Rassismus“, sagt Pirkka Juntunen vom Unternehmen Kiantama, das nahe der russischen Grenze in Suomussalmi Beeren verarbeitet.

Ihre Aufgabe umfasst die Bedienung einer Telefon-Hotline, die für Rückfragen in Bezug auf die ausländischen Erntehelfer eingerichtet wurde.

Vor einer Stunde rief eine ältere Frau aus Juva an, um sich zu beschweren, dass Thais ihre kultivierten Beeren pflücken würden. Dann folgten einige Obszönitäten und sie knallte den Hörer auf, bevor ich eine Chance hatte, herauszufinden, ob es sich dabei um unsere Pflücker handelte, sagt Frau Juntunen mit einem Seufzer.

„Eine typische Beschwerde ist, dass die Pflücker die Beeren zu nah an Häusern ernten. Für Finnen kann „zu nahe bedeuten“, dass es mehr als 100 Meter Abstand sind. Denn es ist im finnischen Jedermannsrecht nicht erwähnt, wie gross die Distanz sein muss. Wir weisen unsere Beerenpflücker darauf hin, dass, wenn ein Haus in Sichtweite ist, sie weggehen sollen“, sagt Juntunen.

Doch es gibt auch Anzeichen für eine wachsende Akzeptanz ausländischer Pflücker. Einige Einheimische bewundern, wie fleißig sie sind. Doch sagt Frau Juntunen, und zitiert ein altes Sprichwort: „Eine schlechte Glocke ist weiter zu hören als eine gute Glocke“. Dennoch glaubt sie, dass sich die Leute daran gewöhnen werden.

CEO Vernu Vasunta von Kiantama stimmt dem zu. Er glaubt, dass eine wachsende Zahl von Finnen den Einsatz von thailändischen Pflückern als die bessere Alternative ansehen, als die wilden Beeren im Wald zu verrotten zu lassen.

„Es ist doch so, dass es Russen, Esten und Ukrainern in den Erdbeerfeldern gibt. Und so gibt es eben thailändische Pflücker in den Wäldern“, sagt er. Der 40-Jährige bringt Saisonarbeiter aus Thailand seit 2007 nach Finnland. Dieses Jahr kamen etwa 500 zu ihm. Die meisten sind Rückkehrer aus dem letzten Jahr.