BANGKOK. Während die roten und blauen Machtblöcke aufeinanderprallen, gerät Premierministerin Paetongtarn ins politische Fadenkreuz – gefangen zwischen Vermächtnis, Loyalität und drohendem Zusammenbruch.
Die Flitterwochen in der thailändischen Politik sind längst vorbei. Das Land befindet sich nun in einer Phase realer Schäden – realer Konsequenzen –, da sich die Spannungen zwischen den Koalitionsparteien zu einem offenen Konflikt zwischen zwei dominierenden Lagern entwickeln: dem roten und dem blauen.
Die Wahlkommission (EC) und die Abteilung für Sonderermittlungen (DSI) schlugen frühzeitig und entschlossen zu und eröffneten den Angriff mit der Vorladung von 55 wichtigen Senatoren im Wahlfälschungsskandal. Dieser Sonderfall löste im gesamten Netzwerk des blauen Lagers Erschütterungen aus und traf insbesondere das Innenministerium und einige der ihm nahestehenden politischen Parteien.
Thaksin Shinawatra sieht sich unterdessen zunehmend eingeschränkt. Die Entscheidung der Ärztekammer, drei Ärzte hätten ungenaue oder irreführende medizinische Unterlagen vorgelegt, untermauert die Vorwürfe, sein längerer Aufenthalt im 14. Stock des Polizeikrankenhauses sei medizinisch nicht gerechtfertigt gewesen – es handele sich um eine erfundene Krankheit.
Thaksins Gerichtstermine werden immer häufiger. Am 8. Mai – dem Tag, an dem die Ärztekammer gegen die Ärzte entschied – reichte er im Zusammenhang mit seinem Fall nach Artikel 112 einen Antrag auf Ausreise ein. Das Gericht lehnte ihn ab. Am 13. Juni tagt die Strafkammer des Obersten Gerichtshofs für politische Ämter, um zu prüfen, ob Thaksins einjährige Haftstrafe ordnungsgemäß vollstreckt wurde.
Mitten in diesem rot-blauen Krieg steckt Premierministerin Paetongtarn Shinawatra, die sich nun in einer brutalen politischen Landschaft zurechtfinden muss. Auf der einen Seite steht ihr Vater. Auf der anderen Seite ein mächtiger Koalitionspartner mit enormem Einfluss auf den Regierungsapparat – der die Initiativen der Pheu Thai-Partei zunehmend auf Schritt und Tritt behindert und Berichten zufolge über Mechanismen verfügt, um sie zu stürzen.
Der Druck auf Paetongtarn ist enorm. Neben dem politischen Minenfeld muss sie auch noch ein Land regieren, das von einer Krise nach der anderen geplagt wird: Misstrauen unter den Koalitionspartnern, schleppendes Wirtschaftswachstum, erneute Gewalt im tiefen Süden und eine Reihe wichtiger politischer Maßnahmen, die ins Stocken geraten oder gar nicht vorankommen. Hinzu kommen der globale Handelsdruck und die Unzufriedenheit im Inland. Kein Wunder, dass die Premierministerin möglicherweise kaum noch Luft bekommt.
Dies ist kein gewöhnlicher politischer Sturm – es ist ein perfekter. Und Paetongtarn steht mitten in seinem Auge.
Schon bevor Paetongtarn Premierministerin wurde, warnten scharfsinnige Beobachter: Sobald sie ihr Amt antritt, würde sie politisch gefesselt sein – eine Geisel aufgrund ihres Nachnamens. Heute könnte sich diese Vorhersage durchaus bewahrheiten.
Der Skandal um Wahlmanipulation im Senat scheint weit über die bisher genannten 55 Senatoren hinauszugehen. Die vom DSI und der Wahlkommission gesammelten Beweise deuten auf tiefere Verflechtungen hin, die bis in den inneren Kreis hochrangiger Politiker, darunter auch Minister, reichen.
Die Spannungen zwischen den beiden dominierenden Machtblöcken – Rot und Blau – sind nicht länger strategischer, sondern zutiefst persönlicher Natur und beruhen auf langjährigen Feindseligkeiten und Fehden. Der offene Schlagabtausch dürfte die Lebensdauer der Regierung verkürzen.
Ein wichtiges Signal, das es zu beobachten gilt, ist die Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 2026. Sollte es planmäßig durch das Parlament gehen, könnte es der letzte legislative Erfolg dieser fragilen Koalition sein. Danach könnte es zu einem echten politischen Umbruch kommen – ein völliger Neuanfang, der möglicherweise zu Neuwahlen führen könnte.
Manche spekulieren, dass der Haushaltsprozess zum Sturz der Premierministerin oder einem Führungswechsel führen könnte. Doch ein solcher Schritt wäre möglicherweise übertrieben – es gäbe sauberere und leisere Wege. Wenn beispielsweise genügend Senatoren beim Verfassungsgericht Beschwerde über ihre Qualifikation oder ihr Verhalten einlegen, könnte dies dasselbe Ergebnis ohne politische Selbstsabotage erreichen.

Die Flitterwochen in der thailändischen Politik sind längst vorbei. Das Land befindet sich nun in einer Phase realer Schäden – realer Konsequenzen –, da sich die Spannungen zwischen den Koalitionsparteien zu einem offenen Konflikt zwischen zwei dominierenden Lagern entwickeln: dem roten und dem blauen.
Derzeit würden es nur wenige erfahrene Politiker wagen, die bestehende Ordnung zu sprengen. Sie verfügen noch immer über die Macht, den Haushalt zu verteilen – warum also ihren Einfluss gefährden oder die Finanzierung streichen, die sie möglicherweise bald benötigen? Sollten Neuwahlen bevorstehen, wird die schnelle Verabschiedung des Haushalts noch dringlicher. Ohne ihn könnten diejenigen, die an die Macht zurückkehren, ohne Regierungsinstrumente dastehen.
In diesem fragilen Klima könnte Premierministerin Paetongtarns beste Option schlicht das Überleben sein – ihre Position zu wahren und den Sturm abzuwarten. Es besteht die Hoffnung, dass beide rivalisierenden Fraktionen zum Rückzug bewegt werden können, bevor ein ausgewachsener politischer Unfall ihre Zukunft gefährdet.
- Quelle: The Nation Thailand